Seit drei Jahren kämpfen prorussischen Separatisten und ukrainische Regierungstruppen in der Ostukraine gegeneinander. Über 10.000 Menschen sind schon gestorben. Und dieser Krieg tobt auch mitten in der Familie von Journalist Vassili Golod. Er stammt aus der Ukraine - aber seine Verwandten sind Russen und Ukrainer.

Vassili Golod ist Journalist, 24 Jahre alt und lebt in Köln. Seine Mutter kommt aus Russland, seine Großeltern leben noch immer dort. Er selbst ist in der Ukraine zur Welt gekommen. Sein Vater ist Ukrainer. Ein Onkel lebt auf der Krim. Der Ukrainekonflikt geht darum auch mitten durch seine Familie. 

So denken die russischen Großeltern

Seine russischen Großeltern, informieren sich vor allem mithilfe des russischen Staatsfernsehens über den Ukrainekonflikt, die Informationen seien darum oft verzerrt. Sie sagen zum Beispiel, dass klar sei, dass Städte wie Donezk oder Lugansk nie wieder zur Ukraine gehören könnten. Seine Großeltern glauben, dass die Menschen, die dort leben, überhaupt keine Lust hätten, wieder zu "diesem verrückten Land" zu gehören, sagt Vassili. 

"Der Blick meiner Großeltern ist so ein bisschen von oben herab. Aber natürlich hat meine Oma extremes Mitleid mit den Menschen. Sie sagt, Krieg sollte dort nicht sein. Und sie sagt, Russland sei das einzige Land, dass dieses Blutvergießen beenden wolle." All das spiegele vor allem die Perspektive des russischen Staatsfernsehen wieder.

So denkt der ukrainische Vater

Vassilis Vater lebt in Deutschland, hat aber den größten Teil seines Lebens in der Ukraine verbracht. Er wünsche sich vor allem, dass die Ukraine sich demokratisiere, sagt Golod. Es sei kein Geheimnis, dass die Ukraine Probleme mit Korruption habe, längst fällige Reformen fänden nicht statt. "Ökonomisch ist es für die Menschen in der Ukraine extrem hart, alles ist teurer geworden und der Lebensstandard sinkt", erzählt Vassili. 

Zudem fließe viel staatliches Geld in den Konflikt in der Ostukraine. Diese Dinge seien Vassilis Vater bewusst und er würde sie keineswegs befürworten. Vassili erzählt, dass seine ukrainischen Verwandten sich vor allem wünschen, dass die Ukraine ein selbstständiges, europäisches Land werde. Aber sie sähen auch, dass diese ganzen Reformprozesse nur schleppend vorangingen.

"Die Lösung ist erstmal ein verbales Abrüsten. Also diese Fehlinformationen sollten aufhören, die vor allem - aus meiner Sicht - auf russischer Seite gestreut werden."
Vassili Golod, Journalist

Den Konflikt können nur Russland und die Ukraine zusammen lösen

Vassili Golod findet, dass beide Seiten - die russische und die ukrainische - zu einer Deeskalation des Konflikts beitragen könnten. Von den Russen wünscht er sich eine objektivere, weniger gefärbte Berichterstattung. Das könne dazu beitragen, dass die russische Zivilgesellschaft etwas reflektierter mit dem Ukrainekonflikt umgeht. Dort heiße es nämlich oft: "Wir wollen doch nur helfen." Die Sorgen und Bedürfnisse der Ukrainer blieben dabei völlig außer Acht.

Auf ukrainischer Seite gebe es zwar eine starke und reflektierte Zivilgesellschaft. Allerdings seien dort unfähige Politiker im Amt, die nicht in der Lage seien, diese Probleme zu beheben. 

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Shownotes
Vassili Golod über den Ukrainekonflikt
"Die Lösung ist ein verbales Abrüsten"
vom 07. Dezember 2017
Moderator: 
Thilo Jahn
Gesprächspartner: 
Vassili Golod