Mehr Einsamkeit, weniger Kontakte und Freiheiten: Im Lockdown hat oft vor allem die mentale Gesundheit unter den Folgen der Pandemie gelitten. Ein internationales Forschungsteam hat jetzt untersucht, welchen Effekt Musik dabei hatte. Ihr Ergebnis: Sie kann uns ziemlich gut unterstützen.

Musik kann uns fröhlich oder traurig stimmen, uns beruhigen und sogar pushen, zum Beispiel beim Sport. Sie kann aber auch eine ziemlich gute Stütze in schwierigen Zeiten sein - etwa im Lockdown. Musik ist fast immer verfügbar und auch dann verbindend, wenn wir gerade keine Menschen um uns herum haben.

Musik ist weit verbreitet und Lockdown-kompatibel

Um den Effekt von Musik auf die Psyche zu untersuchen, hat ein internationales Forschungsteam in einer Studie mehr 5.000 Menschen aus sechs Ländern befragt. Mit dabei waren etwa Deutschland Frankreich, Indien und die USA.

Sie wollten wissen, wie die Befragten in dieser schwierigen Pandemie-Zeit ihre mentale Gesundheit pflegten – ohne soziale Kontakte, mit Ängsten vor Corona, vor der Zukunft, Geldmangel oder Jobverlust und Stress zu Hause. Viele gaben Musik hören an, denn das blieb schließlich auch im Lockdown möglich.

"Früh in der Pandemie gab es Menschen, die auf Balkonen sangen, Behörden-Videos in Song-Form oder auch Corona-Songs, in denen Künstler*innen die Pandemie verarbeitet haben, oft humorvoll. Da ist viel Kreatives entstanden."
Wiebke Lehnhoff, Deutschlandfunk Nova Wissensnachrichten

Doch nicht nur Musik hören hilft dabei, Stress zu bewältigen, sondern auch Musik zu machen. Vor allem im Lockdown wurde diese Möglichkeit schon früh genutzt: Menschen sangen zusammen und produzierten Songs über Corona, ihre Sorgen oder Lichtblicke.

Das spiegelte sich auch in der Befragung wider: Mehr als die Hälfte der Teilnehmenden gab an, dass sie Musik benutzten, um mit den sozialen und emotionalen Stressfaktoren des Lockdowns umzugehen.

"Die Studie zeigte: Musik hilft vielen Menschen bei der Bewältigung von Stress. Überhaupt das Musik-Verhalten zu verändern, kann schon helfen."
Wiebke Lehnhoff, Deutschlandfunk Nova Wissensnachrichten

Musik war nach "Menschen anrufen" und "Nachrichten konsumieren" eines der beliebtesten Beschäftigungen im Lockdown. Außerdem gaben bis zu 57 Prozent der Befragten an, dass sie ihr Musikverhalten während der Pandemie verändert haben - also beispielweise mehr oder andere Musik als vorher gehört haben.

Musik als Ersatz für soziale Interaktion

Inwiefern sich das geändert hat, hing oft mit der Grundstimmung der Befragten zusammen, erklärt Wiebke Lehnhoff von den Deutschlandfunk Nova Wissensnachrichten. Wer pandemiebedingt eher negative Emotionen hatte, der oder die hat Musik dann vor allem eingesetzt, um mit Stress, Angst und Depressionen besser klarzukommen.

Menschen, die schon eher positiv gestimmt waren, nutzten Musik eher als eine Art Ersatz für soziale Interaktion. Ihnen half es, sowohl Musik zu hören, als auch selber Musik zu machen, um das Gefühl zu haben, immer noch Teil einer Gemeinschaft zu sein.

"Mit Coronamusik könnten die Menschen kollektiv auf eine aktuelle gesellschaftliche Herausforderung reagieren und damit die Widerstandsfähigkeit von Einzelnen stärken, aber auch die der ganzen Gesellschaft."
Wiebke Lehnhoff, Deutschlandfunk Nova Wissensnachrichten

Schon bald gab es auf verschiedenen Plattformen Dance-Challenges, Corona-Song und Playlists. Was es alles gab, lässt sich auch in der Coronamusic Database nachverfolgen.

Diese musikalischen Reaktionen auf die Corona-Pandemie halten die Forschenden der Studie für ein wichtiges Instrument: Sie vermittelt das Gefühl von Gemeinschaft und Verständnis.

Wer selbst unter depressiven Verstimmungen leidet und Hilfe braucht, kann sich telefonisch oder online bei der Telefonseelsorge melden. Unter den kostenlosen Hotlines 0800-111 0 111 und 0800-111 0 222 könnt ihr euch anonym und vertraulich beraten lassen. Weitere Hilfsangebote haben wir hier für euch aufgelistet.

Shownotes
Musik und Psyche
Musik hilft uns den Pandemie-Blues zu verjagen
vom 26. Juli 2021
Moderation: 
Markus Dichmann
Gesprächspartnerin: 
Wiebke Lehnhoff, Deutschlandfunk Nova Wissensnachrichten