Heute drücken wir kurz auf unser Smartphone, fotografieren uns selbst und glauben dann - zumindest manchmal - das wir genau diejenige sind, die wir abgebildet haben. Aber was ist tatsächlich zu sehen?
Der Philosoph Constantin Rauer von der Eberhard-Karls-Universität Tübingen sieht das ganz anders. Er sagt schlicht "nein" dazu. Solche Darstellungen vom Menschen seien immer nur Abbilder, ja sogar Masken, und hätten nichts mit dem lebenden Original zu tun.
"Da in diesem Fall der betrachtete Mensch vom betrachtenden Menschen abhängt und das Aussagesubjekt variabel ist, haben wir zwangsläufig eine Spaltung des Menschenbildes ebenso wie eine narzisstische Selbstverblendung."
Der Wissenschaftler berichtet aus seinem Fachgebiet, der Ur- und Frühgeschichte. Dabei erinnert er an die tausende Jahre alten Felszeichnungen von Lascaux und Altamira sowie an die Venusfiguren ohne Gesicht. Alles Abbilder und Masken von früher lebenden Menschen, von Göttern und Mischwesen wie Schimären. Und sie alle haben uns etwas zu erzählen - bis zum "Selfie" heute. Die DRadio Wissen-Reporterin Susanne Grüter hat euch befragt, ob Ihr euch auf den Selfies wiedererkennt, sie war bei Fotografen und Künstlerinnen und hat sich deren künstliche Kopien der Originale näher angeschaut.
"Das ist wie eine Schönheitsoperation. Das ist heute mit Photoshop alles möglich. Ich kann ein Foto nehmen und ein anderes Gesicht basteln sozusagen. Nase kleiner machen, Zähne weißer machen, das geht alles."
"Vom Löwenmenschen zur Mickey Mouse" - Mehr über den Vortrag von Constantin Rauer:
- Ringvorlesung: Menschenbild(n)er – Bildung oder Schöpfung | Constantin Rauers Thema lautet "Masken des Menschenbildes - Vom Löwenmenschen bis zur Mickey Mouse". Vorgetragen hat er innerhalb der Ringvorlesung vom 29. April bis 8. Juli 2014 in Berlin. Veranstaltet wurde sie von der Bioanorganischen Chemie an der Technischen Universität zusammen mit Stipendiaten des Evangelischen Studienwerks Villigst e.V.