Der Schriftsteller und Politologe Bruno Preisendörfer spricht im Hörsaal über Crowd-Management vor 250 Jahren.
Bruno Preisendörfer weiß, wovon er spricht. 1978 war er in Frankfurt auf dem Römerberg bei einer Demonstration dabei und wurde selbst verletzt:
"Die Schläge waren nicht persönlich gemeint, und eben das war das Schlimmste."
Preisendörfers eigene Erfahrung, die Gefühle und die Wut, die damals bei ihm entstanden sind, nimmt er zum Anlass zu fragen, wie das eigentlich früher war: Wie sahen Feiern und Demonstrationen im 18. oder 19. Jahrhundert aus, wie hat sich die Polizei damals verhalten?
Die "großen Haufen"
Früher sprach man vom "großen Haufen". Gemeint war damit eine große Menge von Menschen, die zusammen feiern wollten oder protestieren. Genau wie heute haben auch damals die Obrigkeiten, Regierung und Polizei, darüber nachgedacht, wie sich solch "große Haufen" steuern lassen könnten.
"Wie verhindert man in kritischen Situationen jene emotionale Kernschmelze, die aus einer Ansammlung lauter ganz vernünftiger Individuen eine panische Masse macht?"
Die Ursprünge dessen, was wir heute "Crowd-Management" nennen, liegen im 18. Jahrhundert, sagt Preisendörfer. Bemerkenswert ist, dass es damals keineswegs nur darum ging, Massenzusammenkünfte zu verhindern. Im Gegenteil. Manch einer war davon überzeugt, dass große Aufläufe sogar wichtig seien für die emotionale Gesundheit der Bevölkerung. In den Worten Justus Mösers klang das damals ziemlich blumig, oder vielleicht besser Bier-selig:
"Die Torheit muss wenigstens ein Mal pro Jahr ausgären, damit sie das Fass nicht sprenge."
Wie die Polizei im 18. Jahrhundert versucht hat, das zu bewerkstelligen, erzählt Bruno Preisendörfer in seinem Vortrag "Die Polizei der Freuden. Wie kommen Massen in Bewegung?". Er hat ihn am 31. Januar 2014 im Rahmen der Tagung "Masses in (E)motion" am Einstein Forum in Potsdam gehalten.