Obwohl wir eigentlich gar keine Pollenallergiker sind, haben viele von uns derzeit Beschwerden.

Gefühlt ist es in diesem Jahr besonders schlimm - vor allem, wenn wir danach gehen, was die Kollegen aus der Deutschlandfunk-Nova-Redaktion berichten: Sind es die Pollen der Platanen, die uns Tränen in den Augen und eine juckende, schniefende Nase bescheren? Oder doch der Lindenblütenstaub? Oder sind wir in diesem Jahr plötzlich zu Allergikern geworden? Auch die Birken könnten schuld sein. Wolfgang Harth, Chefarzt für Dermatologie und Allergologie, sagt: Möglicherweise sind wir in diesem Jahr auch einfach nur besonders empfindlich.

"Es muss nicht immer eine Allergie dahinterstecken. Es kann auch eine Reizung sein."
Wolfgang Harth, Chefarzt für Dermatologie und Allergologie am Vivantes Klinikum in Berlin-Spandau

Wolfgang Harth erklärt, dass in diesem Jahr verschiedene Phänomene zusammenkommen. Erstens haben wir im Winter eine sehr starke Grippewelle gehabt. Zweitens hat der Winter sich in die Länge gezogen. Es war noch bis in den April hinein sehr kalt. Dann schossen plötzlich die Pollen heraus. Und es folgte eine trockene Periode, in der die Pollen sich ordentlich in der Luft verteilen konnten. Der Allergologe vermutet jetzt, dass gerade die Menschen, die im Winter einen Infekt hatten, noch sehr empfindliche Schleimhäute haben, die sich schnell durch die große Anzahl an Pollen reizen lassen. 

Wer allergisch ist, reagiert jedes Jahr auf die gleichen Pollen

Ein anderer Punkt ist: Inzwischen gibt es häufiger Wechselwirkungen. Früher war klar, es gibt Birke, Erle, Hasel - also Frühblüher. Dann wussten Allergiker, es wird wärmer, der Frühling kommt und die Beschwerden gehen los. "Wir hatten abgestimmt zum Pollenflugkalender und zu den Labortests die passenden Beschwerden", sagt Harth, "dann ist alles stimmig, das ist eine Allergie und das passiert jedes Jahr."

"Wenn es eine Reizung ist, kann man davon ausgehen, dass es nächstes Jahr nicht wiederkommt."
Wolfgang Harth, Chefarzt für Dermatologie und Allergologie am Vivantes Klinikum in Berlin-Spandau

Ein Problem aber ist, dass Menschen inzwischen auch auf andere Pflanzen allergisch reagieren, zum Beispiel auf Platanen oder Eschen. Aber der wirkliche Nachweis für eine echte Allergie fehlt noch. "Das scheint aber an Bedeutung zu gewinnen", sagt Wolfgang Harth. Ob es ein Zusammentreffen vieler Reiz fördernder Faktoren ist oder ob es tatsächlich eine Allergie ist - das lasse sich jedoch nur für jeden Einzelnen durch einen Test feststellen.

Wolfgang Harth hat noch einen Tipp für all diejenigen, die im Moment empfindlich reagieren: Beim Radfahren einfach einen "Buff" über Mund und Nase ziehen. Ein "Buff" ist eine Art dünnes Halstuch in Schlauchform, das Motorradfahrer häufig unter ihrem Helm tragen. Das Tuch lässt sich bei Bedarf einfach hoch- und runterschieben und schützt im Fahrtwind ein bisschen vor den Pollen. Eine Sonnen- oder Radfahrerbrille hilft außerdem, den groben Schmutz aus den Augen zu halten.

Mehr zum Thema:

  • Erste Hilfe bei Heuschnupfen  |   Allergikern stehen harte Tage ins Haus. Meteorologen rechnen jetzt mit einem massiven Pollenflug - vor allem bei der Birke. Wir sagen euch, was hilft.
  • Pollen fliegen auch bei Minustemperaturen  |   Pollen bei Minusgraden? Ja, das geht. Denn den Pollen ist es egal, ob es draußen minus fünf Grad sind oder minus fünfzehn, sagt Meteorologe Björn Goldhausen.
  • Na dann, Prost Hatschi!  |   Draußen geht die nächste heiße Phase für Allergiker los. Nach den Frühblühern sind jetzt Gräser, Roggen und Beifuß dran. Die Zahl der Allergiker steigt weltweit.

Ihr habt Anregungen, Wünsche, Themenideen? Dann schreibt uns an Info@deutschlandfunknova.de

Shownotes
Pollen
Plötzlich allergisch? Oder nur überempfindlich
vom 16. Mai 2018
Gesprächspartner: 
Wolfgang Harth, Chefarzt für Dermatologie und Allergologie am Vivantes Klinikum in Berlin-Spandau
Moderatorin: 
Sonja Meschkat