Leiernde Gitarren, übersteuerte Bässe: Songs von etablierten Künstlern wie Post Malone und Kanye West setzen sich mit verzerrten Sounds von den glasklaren klingenden und glatt polierten Songs von Popgrößen wie Taylor Swift ab.

Er klingt nicht nach aufwendiger Studioproduktion sondern nach einfachem Homerecording, der Sound klingt verwaschen – so beschreibt der Musikwissenschaftler Ralf von Appen Post Malones Track "Circles". Er interpretiert diesen Klang als bewusstes Stilmittel und Message: Der Künstler will sich damit von herrschenden Sound-Idealen von Popsongs distanzieren, so der Musikwissenschaftler.

"Man hat sich bemüht, gegen die vorherrschenden Klangideale anzuproduzieren, um dadurch deutlich zu machen: Ich bin nicht Mainstream, ich teile nicht das Schönheitsideal oder den Zwang zum Perfektionismus."
Ralf von Appen, Musikwissenschaftler, über Post Malones Song "Circles"
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Um möglichst authentisch zu klingen und sich hörbar vom sogenannten Establishment abzugrenzen, haben schon Punkbands früher verzerrt und verwaschen klingende Sounds eingesetzt. Heute nutzen etablierte Künstler, die ganz oben in den Charts rangieren, den unperfekten Klang – zum Beispiel Kanye West in seinem Track "Follow god", bei dem die Bässe übersteuert sind.

"Darin liegt ja etwas sehr Authentisches. Ich vermittele damit ja schon als Producer: He, ich hab das Zuhause gemacht, ich hab das rausgehauen. Wenn es ein bisschen zerrt – hey, ich bin nicht korrumpiert von irgendwelchen Leuten, die darauf achten, dass meine Qualität perfekt ist.“
Numinos, Musikproduzent
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Besonders auf dem sozialen Netzwerk Tik Tok verbreiten sich Songs mit verzerrten Sounds sehr gut, sagt Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Ina Plodroch. Das Musikbusiness greift diesen Trend auf und macht ihn sich zu eigen.

Trend Sub Bass: Erst die Verzerrung macht extreme Frequenzen auch auf kleinen Lautsprechern hörbar

In der aktuellen Rapmusik, insbesondere im Trap und Dub Step, wird in vielen neuen Songs ein Sub Bass eingesetzt, der ganz tief wummert, beschreibt Ina Plodroch. Was hier Erfolg hat, beeinflusst sicherlich auch die Produzenten, die Songs für die Charts komponieren.

Das Problem beim Sub Bass ist aber, so der Produzent Numinos, dass die meisten Abspielgeräte wie Handys, Laptops oder kleine Lautsprecher diesen Sound ab einem bestimmten Frequenzbereich nicht mehr wiedergeben können. Um nun einem Sub Bass Obertöne hinzuzufügen, die solche Geräte wiedergeben können, wird er verstärkt und verzerrt. Dadurch klingt der Sound auf eine gewisse Art kaputt, eben nicht perfekt, sagt Ina Plodroch.

"Wir leben im Zeitalter der Gleichzeitigkeit von allem."
Numinos, Musikproduzent

Mit den unperfekten Klängen provozieren Künstler auch die Hörer-Generationen, die seit den 1980ern auf Hi-Fi-Anlagen mit brillantem Sound setzen. Allerdings gibt es auch andere Trends, die die Musikwelt zurzeit beherrschen. Der Produzent Nominus sagt, dass heute eher viele Mikrotrends nebeneinander existieren und die Musikproduktionen prägen. Und so finden sich glatt produzierte Songs von Taylor Swift genauso in den Charts wie eben solche Tracks wie die von Kanye West und Post Malone, die sich durch verzerrt und verwaschen klingende Bässe und Instrumente hervortun.

Shownotes
Neue Sound-Ideale
Warum Charts-Pop jetzt kaputt klingt
vom 19. November 2019
Moderatorin: 
Steffi Orbach
Gesprächspartnerin: 
Ina Plodroch, Deutschlandfunk Nova