Das Nickerchen am Nachmittag hat den Ruf, uns fit und gesund zu machen. Manche beschreiben aber auch, dass sie danach erst so richtig fertig sind und sie lieber zum Kaffee greifen. Was ist dran an den gefühlten Wahrheiten über den Kurzschlaf im Laufe des Tages?

In Deutschland ist der Mittagsschlaf zumindest in der Arbeitswelt kaum verbreitet. Ganz anders als zum Beispiel in Japan. Dort gibt es so eine Art Nap-Kultur. Manche Firmen bieten Räume mit Liegen an, damit die Mitarbeiter*innen dort kurz schlafen können. Aber auch an einigen Unis in Europa, wie zum Beispiel die ETH in Zürich, gibt es Ruheräume.

Müdigkeit am frühen Nachmittag

Es gibt zwei Prozesse im Körper, die Gegenspieler sind. Beide helfen uns dabei, tagsüber stabil wach zu sein, und nachts müde, so dass wir hoffentlich durchschlafen können. Der eine Prozess ist unser innerer Akku. Der wird immer leerer und im Laufe des Tages werden wir dadurch immer müder. Aber wir pennen nicht einfach irgendwann im Laufe des Tages ein, sondern wir können 16 Stunden stabil wach sein.

Damit das funktioniert, fördert unser Körper im Laufe des Tages auch immer stärker unser Wachsein. Eine Art körpereigenes Aufputschmittel wirkt im Laufe des Tages immer stärker und verliert seine Wirkung erst am Abend, wenn es Zeit ist, ins Bett zu gehen. Das sind ganz normale Prozesse, die zum Beispiel über die Gehirnaktivität oder das Ausschütten von Hormonen funktionieren. Das alles bemerken wir normalerweise nicht. Außer, die zwei Prozesse wirken nicht optimal zusammen.

“Es kann sein, dass der Akku am frühen Nachmittag, nach dem Essen, schon vergleichsweise leer ist. Vielleicht auch, weil wir früh aufgestanden sind oder schlecht geschlafen haben. Und das körpereigene Aufputschmittel ist noch nicht stark genug, um dagegen zu arbeiten."
Schlafforscherin Dr. Christine Blume

Wir fühlen uns dann müde und schlapp und möchten schlafen. Das ist das klassische Mittagstief. Wir können also auch ins sogenannte Suppenkoma fallen, obwohl wir gar nichts Schweres gegessen haben.

Was passiert während des Powernaps?

Im Powernap durchlaufen wir, anders als in der Nacht, nicht alle Schlafstadien, sondern wir sind meistens im Leichtschlaf. Aber auch der kann schon dafür sorgen, dass der innere Akku aufgeladen wird und wir danach wieder leistungsfähiger sind. Dazu gibt es auch wissenschaftliche Evidenz.

"Zum Beispiel gab es 2021 eine Übersichtsstudie, da haben Nickerchen, also etwas längere als ein Powernap, wirklich die kognitive Leistungsfähigkeit – wie Aufmerksamkeit, aber auch Gedächtnis – verbessert."
Schlafforscherin Dr. Christine Blume

How To Powernap

  • Wie lang? Am besten nicht länger als 30 Minuten. Denn dann können wir abends noch gut einschlafen. Studien haben gezeigt, dass vor allem junge Menschen nicht das Gefühl haben, dass Nickerchen am Nachmittag von bis zu 30 Minuten ihren Schlaf am Abend beeinflussen.
  • Für wen ist es was? Für alle, die das Bedürfnis danach und die Zeit haben. Mit einer Ausnahme: Wer in der Nacht nicht schlafen kann, der sollte am Tag aufs Nickerchen verzichten. Denn bei Insomnie kann es wichtig sein, sich am Tag richtig müde zu machen, damit Ein- und Durchschlafen in der Nacht besser funktionieren.
  • Wann? Acht Stunden nach dem Aufstehen – das wäre genau die Mitte des Tages und kann eine Orientierung sein. Schlafforscherin Dr. Christine Blume sagt aber: auf den Körper hören. Nach 16 Uhr kann es jedoch schwierig werden, denn dann könnte der Schlaf in der Nacht beeinflusst werden.
  • Dösen oder Schlafen? Beides ist gut. Denn eine kleine Auszeit kann genauso wichtig sein, wie ein Nickerchen. Und: Nicht jeder Schlaf fühlt sich an wie Schlaf. Auch wenn wir denken, wir hätten nicht geschlafen, kann es sein, dass wir im ersten leichten Schlafstadium waren.
  • Wie? Im Tageslicht nappen kann dabei helfen, nicht zu tief einzuschlafen. Und unsere innere biologische Uhr reagiert am Tag nicht ganz so empfindlich auf Lichteinflüsse wie am Morgen oder am Abend. Daher machen wir mit offenen Rollos nichts falsch.
  • Vorher einen Kaffee trinken? Ja, es kann dabei helfen, wieder gut aufzustehen. Denn es dauert etwa 20 Minuten bis der Kaffee wirkt, das Koffein also seinen Effekt auf unseren Körper hat. Und diese Zeit können wir ideal zum Nappen nutzen.
  • Melatonin einnehmen? Nein, das ist unnötig. Damit riskieren wir, dass sich unsere innere Uhr verstellt. Wir brauchen das Hormon Melatonin auch nicht, um am Nachmittag einzuschlafen – weder von außen zugeführt, noch selbst im Körper produziert.

In der aktuellen Folge Über Schlafen sprechen Schlafforscherin Dr. Christine Blume und Deutschlandfunk Nova Moderatorin Ilka Knigge darüber, welche wissenschaftlichen Erkenntnisse es über Powernaps gibt, und klären alle Fragen rund um das kleine Nickerchen.

Wir freuen uns über euer Feedback und Themenvorschläge an ueberschlafen@deutschlandfunknova.de.

Shownotes
Nickerchen
Powernap: Energiekick oder Zeitverschwendung?
vom 20. Juni 2023
Moderatorin: 
Ilka Knigge
Gesprächspartnerin: 
Dr. Christine Blume, Schlafforscherin, Universität Basel
    Unsere Quellen: