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Die Gen Z Nepals hat mit heftigen Protesten in nur zwei Tagen die Regierung gestürzt. Mindestens 51 Menschen sind gestorben. Korruption und Perspektivlosigkeit, vor allem für junge Menschen, plagen das Land. Wie geht es jetzt weiter?

Sehr bestürzend waren für Yahsoda Pokhrel die Nachrichten, die sie am 8. September 2025 aus Nepal erhielt: Eine anfänglich friedliche Demonstration in Kathmandu war durch Schüsse der Polizei eskaliert. Yahsoda Pokhrel ist Nepalesin. Seit gut zwei Jahren arbeitet sie als Bankerin in Frankfurt am Main. Ihre Familie lebt in Nepal.

Schockiert war sie über die Gewaltausbrüche besonders deswegen, weil sich Yashoda große Sorgen um die Sicherheit ihrer beiden siebenjährigen Töchter machte. Deswegen war sie immer wieder in Kontakt mit ihrer Familie und ihren Freunden, um die Entwicklungen während der Unruhen mitverfolgen zu können.

"Die Sperrung vieler sozialer Medien war letztlich der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Da hatte sich vorher schon so viel Wut und Frustration angestaut. Es geht um Grundlegendes in diesem Land."
Franziska Amler, ARD-Studio Neu-Delhi, zurzeit vor Ort in Nepal

Auslöser für die Proteste waren ein Social-Media-Verbot, dass die Regierung in Kraft gesetzt hatte. 19 Menschen wurden bei dieser Demonstration erschossen. Vor allem junge Nepalesinnen und Nepalesen verloren dabei ihr Leben.

Premier Oli tritt nach tödlichen Protesten zurück

Im weiteren Verlauf der heftigsten Proteste in Nepal seit Jahrzehnten kamen insgesamt mindestens 51 Menschen zu Tode. Hunderte wurden verletzt und werden in Krankenhäusern behandelt, berichtet unsere Korrespondentin Franziska Amler, die sich zurzeit vor Ort in Nepal aufhält. Nepals Regierungschef Khadga Prasad Oli ist nach den tödlichen Protesten zurückgetreten.

"Du kannst sehen wie mächtig wir sind. Zusammen haben wir in weniger als zwei Tagen diese korrupte Regierung gestoppt. Das ist die Macht der Gen Z."
Ein verletzter, 16-jähriger Aktivist, der an Protesten teilgenommen hat, mit dem unsere Korrespondentin Franziska Amler im Krankenhaus gesprochen hat

Nach den Unruhen wird die nepalesische Hauptstadt Kathmandu nun vom Militär kontrolliert. Es gibt zum Teil Ausgangssperren. Die Lage ist ruhig, vereinzelt sind Touristen unterwegs und erste Läden öffnen wieder, berichtet unsere Korrespondentin.

Allerdings sei nicht klar, ob die Lage ruhig bleiben werde, das hänge davon ab, ob eine Lösung gefunden werden kann, sagt Franziska Amler. Gewählte Vertreter der Protestbewegung sind zurzeit auch in Gesprächen mit Regierungsverantwortlichen. Denn die soziale Ungerechtigkeit im Land ist groß und sorgt weiterhin für immense Unzufriedenheit.

"Es war schon vor ein paar Jahren klar, dass so etwas passieren würde. Aber keiner hätte gedacht, dass es so schnell, so rasant passiert. Innerhalb von zwei Tagen."
Yashoda Pokhrel, Nepalesin, die in Deutschland lebt und arbeitet

Viele Menschen sind schon seit Jahren unzufrieden mit der ungerechten Verteilung im Land: Bildung und Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt – all das bleibt Menschen mit geringen finanziellen Mitteln verschlossen. Wer in eine wohlhabende Familie hineingeboren wird, dem stehen hingegen alle Möglichkeiten offen.

Reiche Jugendliche stellen ihr luxuriöses Leben auf Social Media zur Schau und werden von Mitgliedern der Protestbewegung dafür kritisiert.

"Dieser Protest geht gegen Korruption. Es geht nicht um eine Social-Media-Sperre. Wir kämpfen um unser Land. Um es vor Korruption zu retten."
16-jähriger Aktivist, der bei den Protesten verletzt wurde

Die Kritik der Gen Z gilt vor allem der Vetternwirtschaft und der Korruption im Land, die sich anscheinend durch viele Bereiche zieht: Betroffen sind mutmaßlich die Politik, das Gesundheitssystem, das Bildungssystem und auch Behörden, wie beispielsweise die Polizei, berichtet Korrespondentin Franziska Amler aus dem ARD-Studio in Neu-Delhi.

Perspektivlosigkeit treibt Menschen aus dem Land

Täglich verlassen nach Schätzungen der Regierung rund 2.000 junge Nepalesinnen und Nepalesen das Land, weil Perspektivlosigkeit herrscht. Rund 40 Prozent der Bevölkerung sind unter 25 Jahre alt. Laut der Weltbank waren im vergangenen Jahr 20 Prozent der jungen Generation Nepals arbeitslos.

"Sollte keine Lösung gefunden werden, dann kann es ganz schnell wieder sein, dass die GenZ wieder auf die Straße geht und es zu Protesten kommt."
Franziska Amler, ARD-Studio Neu-Delhi, zurzeit vor Ort in Nepal

Sie wandern aus, müssen ihre Familien zurücklassen, um nach Arbeit in anderen Ländern zu suchen. Nach dem Rücktritt des Premierministers keimt nun die Hoffnung auf, dass sich die Lage im Land zum Besseren wenden könnte.

Sushila Karki, eine ehemalige Richterin, die sich in dieser Funktion auch gegen Korruption eingesetzt hat, wurde von Nepals Präsident zur Übegrangsministerin ernannt. Damit ist die 73-Jährige die erste Frau an der Spitze des Landes. Sie hat auch die Unterstützung der Gen Z, die sich ausdrücklich für Sushila Karki stark gemacht hatte, weil sie als integre Persönlichkeit gilt.

"Alles, was passiert ist, hat den Menschen wirklich Hoffnung gegeben, dass ein neues Land geformt wird, in dem die Korrution endet und alle Menschen des Landes die gleichen Rechte bekommen."
Yashoda Pokhrel, Nepalesin, die in Deutschland lebt und arbeitet

Ihr habt Anregungen, Wünsche, Themenideen? Dann schreibt uns an unboxingnews@deutschlandradio.de

Shownotes
Nach Protesten und Regierungs-Aus
Gen Z in Nepal fordert echte Veränderung
vom 12. September 2025
Moderation: 
Ilka Knigge
Gesprächspartnerin: 
Franziska Amler, ARD-Studio Neu-Delhi
Gesprächspartnerin: 
Yashoda Pokhrel, stammt aus Nepal, lebt in Deutschland