Martin Amedick war Profi-Fußballer und an Depressionen erkrankt. Heute studiert er Psychologie und arbeitet bei der Robert-Enke-Stiftung. Er sagt, dass Depressionen eine Krankheit sind. Aber die müsse nicht zwangsläufig das Ende der Karriere bedeuten.
Am 10. November 2019 jährt sich der Suizid von Robert Enke zum zehnten Mal. Der damalige Nationaltorhüter litt unter schweren Depressionen. Bei jedem zweiten der etwa 10.000 Menschen, die sich jedes Jahr in Deutschland das Leben nehmen, ist eine Depression diagnostiziert. Ein Tabuthema - damals wie heute. Und trotzdem hat sich seitdem etwas verändert.
Martin Amedick ist Ex-Fußballprofi. Er hat unter anderem für Borussia Dortmund und Eintracht Frankfurt gespielt. Auch er war an Depressionen erkrankt. Heute arbeitet der Ex-Profi bei der Robert-Enke-Stiftung, die sich für Aufklärung rund um das Thema Depressionen einsetzt. Martin Amedick tourt durch ganz Deutschland, um in den Jugendabteilungen und Nachwuchszentren der Bundesliga-Clubs mit jungen Spielern und Spielerinnen über Depressionen zu sprechen.
Er sagt, die Rahmenbedingungen im Sport hätten sich nicht wesentlich geändert. Das Leben von Fußballprofis findet im Licht der Öffentlichkeit statt. Also vor vielen Zuschauern im Stadion, mit hohem Leistungsdruck und auch immer vor dem Hintergrund möglicher negativer Äußerungen oder Kritiken in der Presse. Das gehört zum Profi-Fußball dazu. Was sich aber geändert habe, sei der Umgang mit dem Thema Depressionen.
Sportler äußern sich heute öffentlich zu Depressionen
Heute äußern sich auch bekannte Sportler öffentlich zum Thema Depressionen. Ein Beispiel dafür ist der britische Nationalspieler Danny Rose, der nach langer Verletzung im vergangenen Jahr doch noch in den WM-Kader gerutscht war und kurz vor der Weltmeisterschaft in einer Pressekonferenz offen über seine Depressionen gesprochen hat. "Das hätte es vor 10 bis 15 Jahren sicher nicht gegeben", sagt Martin Amedick.
Mit Unterstützung der Robert-Enke-Stiftung seien außerdem Strukturen geschaffen worden, die es vorher so nicht gab. Nicht nur für Sportlerinnen und Sportler, sondern auch für alle anderen Menschen, die an Depressionen erkrankt sind. Etwa eine Hotline für Betroffene und ein Netzwerk von über 70 Sportpsychotherapeutinnen und -therapeuten in ganz Deutschland. Die Robert-Enke-Stiftung hilft dabei, dort möglichst zeitnah einen Termin zu bekommen.
Krankheit erkennen und akzeptieren
Als Martin Amedick an Depressionen erkrankt war, gab es weit weniger Informationen zu der Krankheit als heute. Für ihn war es schon schwierig, überhaupt zu erkennen, dass eine Krankheit vorgelegen hatte, sagt Martin Amedick. Das dann zu akzeptieren und sich auch psychologische Unterstützung zu holen, war noch mal ein zusätzlicher Schritt. Die erste Anlaufstelle für Martin Amedick war damals ein Sportpsychologe. Die Erkrankung behandeln darf letztendlich aber nur ein Psychotherapeut oder Psychiater.
"Erstens war es sehr schwierig, erst mal zu erkennen und anzuerkennen, dass etwas nicht stimmt. Dass eine Krankheit vorliegt. Das überhaupt mal zu akzeptieren, hat schon eine längere Zeit gedauert."
Martin Amedick betont, dass er nicht durch den Fußball depressiv geworden sei. Es habe nicht am Druck gelegen, dem war zu diesem Zeitpunkt schon länger ausgesetzt. Aber mit der Krankheit im Fußball zu leben und zusätzlich diesem Druck standzuhalten, den es ohnehin gibt, das sei eine große Herausforderung gewesen. Auch, weil sich der damalige Profi Sorgen um seine Karriere gemacht habe, falls seine Erkrankung an einer Depression öffentlich geworden wäre.
"Es ist wichtig, zu unterscheiden, dass der Druck im Fußball nicht der entscheidende Faktor war, dass ich erkrankt bin."
Martin Amedicks Wunsch für die Zukunft: Es sollte weiter und auch gerne mehr über das Thema Depressionen gesprochen werden. Ihm geht es darum, klarzumachen: Depressionen sind eine Erkrankung – aber sie müssten nicht zwangsläufig das Ende der Karriere bedeuten. Heute studiert Martin Amedick selbst Psychologie. Auch, weil er seine Erfahrungen weitergeben möchte.
Hilfe bei Depressionen:
- Telefonseelsorge: anonyme und kostenlose Beratung rund um die Uhr unter der Telefonnummer (0800) 111 0 111 oder (0800) 111 0 222
- Kinder- und Jugendtelefon "Nummer gegen Kummer": kostenlose Beratung von Montag bis Samstag, jeweils von 14 bis 20 Uhr, Tel. 116 111.
- Elterntelefon: Montag bis Freitag, jeweils 9 bis 11 Uhr sowie Dienstag und Donnerstag, jeweils 17 bis 19 Uhr unter (0800) 111 05 50
- Info-Telefon der Deutschen Depressionshilfe: Montag, Dienstag und Donnerstag, 13 bis 17 Uhr sowie Mittwoch und Freitag, 8.30 bis 12.30 Uhr. Tel. (0800) 33 44 533