Einfach genervt oder wirklich getriggert? In der Psychologie ist Trigger eine völlig individuelle und klar definierte Angelegenheit. In der Alltagssprache hat sich ein etwas schräger Gebrauch etabliert. Psychotherapeut Bastian Willenborg zieht das gerade.

Trigger und getriggert sind wirklich in Mode: Erst seit den 1960er Jahren gibt es das Substantiv im deutschen Sprachgebrauch. 2024 erlebte das Verb dann seinen vorläufigen Nutzungspeak.

Es ist längst im alltäglichen Sprachgebrauch angekommen und hat sich von seiner ursprünglichen Bedeutung in der Psychologie doch deutlich entfernt. Eigentlich kommt es aus der Traumabehandlung, erklärt Bastian Willenborg. Er ist Facharzt für Psychotherapie und Psychiatrie.

"Triggern: Das kommt aus der Traumabehandlung und bedeutet, dass ein eigentlich ungefährlicher Reiz von außen eine traumatische Erfahrung hochholt."
Bastian Willenborg, Facharzt für Psychotherapie und Psychiatrie

Ein Trigger kann beinahe alles sein: eine Situation, ein Geruch, ein Geräusch, ein Bild, eine Farbe, eine Lichtsituation. Allgemein ist es ein Reiz von außen, der ganz individuell mit negativer Erinnerung verknüpft ist, erklärt Bastian Willenborg.

Biografie und Erinnerung

Das Ergebnis: "Was hochkommt, ist die biografische Negativerinnerung an eine Traumatisierung, an schwierige Dinge, die Menschen passieren."

"Durch den Trigger werden bestimmte Erinnerung, Emotionen, Gefühle, die nicht mit der aktuellen Situation zusammenhängen, in Erinnerung gerufen."
Bastian Willenborg, Facharzt für Psychotherapie und Psychiatrie
Bastian Willenborg
© Wolfgang Stahr
Bastian Willenborg, Facharzt für Psychotherapie und Psychiatrie

Triggerwarnungen ergeben für den Psychotherapeuten eben deswegen keinen Sinn, weil Trigger per so individuell und unvorhersehbar sind. Richtiger fände er Sensibilitätshinweise oder Vorwarnungen auf belastende Inhalte.

Unkontrollierbare Reaktion

Wenn die Umwelt irritiert auf eine Triggerreaktion reagiert, sollte man sich Hilfe suchen. "Wenn Situationen, die für andere Menschen normal sind, für dich schwierig werden, dann sollte man sich das definitiv mal therapeutisch anschauen", sagt Bastian Willenborg. Diese Reaktionen auf einen Trigger können beispielsweise plötzliche Erstarrung, Trauer und Wut umfassen.

"Die Intensität der Emotion, die kannst du total verändern."
Bastian Willenborg, Facharzt für Psychotherapie und Psychiatrie

In der Therapie lässt sich versuchen, Bilder aus der Vergangenheit so zu verändern, dass sie mit anderen Emotionen verbunden werden, erklärt Bastian Willenborg. Dieses Vorgehen nennt sich Imagery Rescripting.

Es zielt darauf ab, die biografische Erinnerung in ihrer emotionalen Last zu verändern. So lässt sich beispielsweise die Wucht der Traurigkeit, die mit einem bestimmten Trigger verbunden ist, sehr deutlich mindern.

Shownotes
Psychische Gesundheit
Getriggert ist etwas Anderes
vom 03. August 2025
Moderation: 
Nik Potthoff
Gesprächspartner: 
Bastian Willenborg, Facharzt für Psychotherapie und Psychiatrie