Die Netflix-Serie "Tote Mädchen lügen nicht" handelt von einer Teenagerin, die sich das Leben genommen hat. Psychiaterin Ute Lewitzka befürchtet, dass Jugendliche sich animiert fühlen, es ihr gleich zu tun. Der Nachahmer-Effekt ist wissenschaftlich bewiesen. Wer Selbstmörder in den Medien darstellt, muss damit rechnen, dass Zuschauer es ihm gleich tun möchten.

Filmisch ist die Serie "Tote Mädchen lügen nicht" gut gemacht, sagt die Psychiaterin Ute Lewitzka. Stimmungen werden eingefangen, die Geschichte wird in spannenden Bildern erzählt. Und die Psychiaterin findet auch sehr gut, dass das Thema Selbstmord in einer Serie behandelt wird. Dabei wird aber vieles falsch gemacht, sagt die Fachärztin aus Dresden.  

Wer sich identifiziert, kann zum Nachahmer werden

Problematisch ist, dass die Zuschauer sich mit der dargestellten Person identifizieren könnten. Je mehr Details gezeigt werden - wie Haare, Kleidung und Wohnung - desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass Menschen sich mit dem Filmcharakter verbunden fühlen. Wer in einer ähnlichen Krise steckt, könnte den Selbstmord dann auch als Lösung für seine Probleme sehen. 

"Der Nachahmer-Effekt bei der Darstellung von Suizid ist sehr gut untersucht und wissenschaftlich belegt. Es gibt eine Vielzahl von Studien."
Ute Lewitzka, Psychiaterin

Als in den 1980er Jahren die sechsteilige Serie "Tod eines Schülers"  erschienen ist, stieg die Suizidrate nach der Ausstrahlung zum Teil um 175 Prozent. Auch der Selbstmord des Fußballprofis Robert Enke hat gezeigt, dass das sogar Menschen sind, die sich sonst nicht umgebracht hätten, sagt die Psychiaterin Ute Lewitzka.

"Jede Krise birgt die Chance etwas zu verändern und gestärkt herauszugehen."
Ute Lewitzka, Psychiaterin

Eine Serie wie "Tote Mädchen lügen nicht" könnte - richtig umgesetzt - auch dabei helfen, Selbstmorde zu verhindern. Es hilft Selbstmord gefährdeten Menschen, Filmfiguren zu sehen, die ein ähnliches Schicksal durchleben, aber ein Weg finden, durch die Krise hindurch zu kommen. 

Wichtig findet die Psychiaterin, dass Filme oder Serien beispielsweise zeigen, was den Figuren, die sich selbst töten wollten, geholfen hat. Selbst zu zeigen, wie der Charakter überlebt hat, hat einen positiven Effekt auf Zuschauer, die sich in einer ähnlichen Situation befinden.

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Shownotes
Netflix-Serie "Tote Mädchen lügen nicht"
Selbstmord-Serie könnte Nachahmer animieren
vom 05. Mai 2017
Moderatorin: 
Steffi Orbach
Gesprächspartnerin: 
Ute Lewitzka, Fachärztin für Psychiatrie und Psychologie