Türkische Politiker wollen in Deutschland Wahlkampf machen - doch deutsche Behörden lassen die Veranstaltungen nicht zu. Darum gibt es sogar Bombendrohungen.
Deutsche und türkische Politiker haben gerade so ihre Schwierigkeiten miteinander: Der Wirtschaftsminister Nihat Zeybekci wollte in Köln Wahlkampf machen, durfte aber nicht. Im badischen Gaggenau wollte der Justizminister Bekir Bozdag Wahlkampf machen, durfte aber auch nicht. Sie wollen für das Referendum von Präsident Erdoğan werben. Sein Ziel: eine Präsidialdemokratie, in der er fast alle Macht haben soll.
Bombendrohung und diplomatische Reibereien
Die untersagten Wahlkampfauftritte haben Konsequenzen: In Gaggenau gab es eine Bombendrohung gegen das Rathaus, und der deutsche Justizminister Heiko Maas bekommt keinen Termin mit seinem Amtskollegen, um über den in der Türkei inhaftierten deutsch-türkischen Journalisten Deniz Yücel zu diskutieren.
Circa 1,5 Millionen türkische Wahlberechtigte leben in Deutschland, eine wichtige Wählergruppe für die Politiker der Türkei. Diese Stimmen können die Wahl entscheiden: "Es soll ein Kopf-an-Kopf-Rennen werden", erklärt Erkan Arikan, der Leiter der türkischen Redaktion bei WDR Cosmo. "Da kann es sein, dass die Stimmen hier in Deutschland das Zünglein an der Waage sind." Sie können darüber entscheiden, ob Erdoğan seine neue Machtposition bekommt.
"Recep Tayyip Erdoğan ist für viele der Heilsbringer. Er ist derjenige, der alles erreicht hat, was er erreichen wollte. Dass viele Sachen aber mehr Schein als Sein sind, wollen viele gar nicht sehen."
Das Referendum, diese Verfassungsänderung, sei nur auf die Person des Erdoğan abgestimmt, sagt Erkan Arikan. "Die Türken in Deutschland haben überhaupt keinen Nutzen davon", sagt er, "aber sie wissen es nicht". Die Informationspolitik aus der Türkei sei so gefiltert, dass die türkischen Wähler in Deutschland überhaupt nicht wüssten, für was sie eigentlich abstimmen.
"Jeder, der sich mit der Materie beschäftigt, weiß, dass es für die Türken in der Türkei nur Nachteile bringt."
Konsequenzen des türkischen Referendums
Wenn die Türken für die Verfassungsreform stimmen, wird sich einiges ändern:
- Der Präsident wird gleichzeitig Staats- und Regierungschef, einen Ministerpräsidenten gibt es nicht mehr
- Der Präsident kann ohne Parlamentsanhörung Minister und seinen Stellvertreter ernennen, Uni-Rektoren auswählen und Ministerium umformen
- Stellvertreter und Minister können nicht mehr durch ein Misstrauensvotum abgesetzt werden
- Der Präsident darf einer Partei angehören - das ist derzeit verboten
- Der Präsident kann das Parlament auflösen und Gesetze blockieren
- Der Präsident kann abgesetzt werden, dann wird auch das Parlament aufgelöst
- Der Präsident bestimmt über wichtige Positionen in der Justiz
Unterm Strich gibt es dann kaum noch eine funktionierende Gewaltenkontrolle. Am 16. April wird abgestimmt.
"Ganz ehrlich: Ich habe Angst, was die Zukunft der Türkei angeht."