Wenn Menschen vor Gewalt und Verfolgung nach Deutschland fliehen, können sie hier Asyl beantragen. Unser heutiges Asyl hat seinen Ursprung in der griechischen Antike – darüber spricht Religionswissenschaftlerin Susanne Gödde in ihrem Vortrag.
Die religiöse Verankerung von Asyl in der Antike wird als Grundlage des späteren Kirchenasyls angesehen. Kirchenasyl existiert seit dem frühen Christentum bis heute, sagt Susanne Gödde. Sie ist Religionswissenschaftlerin an der Freien Universität Berlin. In ihrem Vortrag beschreibt sie, wie Asyl in der Antike zum Einsatz kam. Hier hat der Begriff seine sprachliche Wurzel.
"Die Darstellungen von Hikesie und Asyl in der griechischen Antike stellen das Krisenpotenzial der Situation des Schutzsuchenden aus."
Nicht-griechische Menschen baten im antiken Griechenland eher selten um Asyl. Susanne Gödde liefert dennoch ein Beispiel, in dem 50 ägyptische Frauen um Aufnahme im griechischen Argos bitten. Die Frauen waren von ihren Cousins, geflohen, weil diese sie gewaltsam zur Ehe zwingen wollten.
"Die Danaiden werden zu Mörderinnen an ihren Ehemännern. Ein Verlauf, der – bei aller Differenz der Erzählungen – an unsere Debatten über kriminelle Migranten erinnert."
Ehe und Asyl bei Aischylos
Aischylos' Drama "Die Schutzflehenden" dokumentiert diese Flucht von Frauen zum Schutz vor männlicher Gewalt. In ihrem Vortrag beschreibt Susanne Gödde die Analogisierung von Ehe und Asyl in Aischylos' Drama.
"Beide, Schutzsuchende und Jungfrau, befinden sich in einer Transitzone, sind rein und unberührbar, der Hafen der Ehe verbirgt dieselbe Sicherheit wie die Aufnahme des Fremden an einem geschützten Ort."
Der Vortrag von Susanne Gödde heißt "Gefährdetes Leben – Schutzsuche und Asylräume in Antike und Gegenwart" und sie hat ihn am 7. Dezember 2021 im Rahmen der Vortragsreihe "Offener Hörsaal" an der Freien Universität Berlin gehalten.