Russische Separatisten auf der einen Seite, die ukrainische Armee auf der anderen Seite: Der andauernde Konflikt führt zu einer angespannten Lage in der Ukraine und verstärkt die Spaltung zwischen Ost- und West-Ukrainern.

"Russland hat viel investiert, damit der Konflikt stattfindet und die Ukraine nicht zur Ruhe kommt", sagt unser Osteuropa-Korrespondent Florian Kellermann. Wenn das die Absicht Russlands war, hat sich diese Investition offenbar gelohnt. Denn die Instabilität der Ukraine hat zu einer starken Spaltung innerhalb der ukrainischen Bevölkerung geführt, berichtet Kellermann. 

Lage stabiler, aber Waffenruhen nur kurzfristig

Der bewaffnete Konflikt zwischen russischen Separatisten und der ukrainischen Armee dauert noch immer an. Insgesamt hat sich die Situation innerhalb des Landes zwar stabilisiert, erzählt unser Korrespondent. Lebensmittel, Strom und Wasser seien zum Beispiel vorhanden, und die Kinder würden zur Schule gehen. 

Andererseits aber wird der Stellungskrieg fortgeführt. Schweres militärisches Gerät ist im Einsatz - unter anderem auch Panzer und Minenwerfer - die eigentlich schon längst abgezogen sein sollten, berichtet Florian Kellermann. 

Spaltung zwischen Ost- und Westukraine

Zwar gebe es immer wieder mal kurzzeitige Waffenruhen, etwa zum Beispiel zum Schulbeginn, die die Gesamtsituation etwas beruhigen würden. Die Spaltung innerhalb des Landes nehme aber weiter zu. 

"Es ist nicht abzusehen, wie der Konflikt im Donetsk-Becken gelöst wird. Russland müsste sich von dort zurückziehen, denn nur dann wäre es möglich, dass das Ganze wieder unter ukrainische Kontrolle kommt."
Florian Kellermann, Deutschlandfunk-Korrespondent für Osteuropa

Das Leben in der mehrheitlich russischsprachigen Ost-Ukraine ist vom bewaffneten Konflikt geprägt, berichtet Florian Kellermann. Im Westen des Landes hingegen - zum Beispiel in Städten wie Kiew oder Lwiw (Lemberg), die sehr europäisch wirken - sei im alltäglichen Leben kaum zu spüren, dass eine bewaffnete Auseinandersetzung das Land in weiten Teilen lähmt. 

Die Menschen leben in zwei Realitäten

Inzwischen kommen viele Binnenflüchtlinge im Westen des Landes an. Die würden sich aber nicht anpassen wollen, sagt unser Korrespondent, weiterhin die russische Sprache sprechen und von den ukrainischsprachigen Westukrainern erwarten, dass die sie verstehen. Viele der ursprünglich Ansässigen stört das, hat unser Korrespondent bei Gesprächen mit Westukrainern erfahren. 

"Lemberg war immer eine multikulturelle Stadt, aber in letzter Zeit nervt mich die russische Sprache immer mehr."
Fremdenführerin aus Lwiw (Lemberg)

Zwischenzeitlich hat der Bezirksrat von Lwiw ein Verbot von russischen Kulturprodukten durchgesetzt: Russische Musik darf an manchen Orten inzwischen nicht mehr aufgeführt werden. Das sei ein Hinweis dafür, dass das Verhältnis zwischen Ost- und Westukrainern angespannt sei, sagt Florian Kellermann. Allerdings, so ergänzt er, kann dieses Verbot vor ukrainischen Gerichten nicht bestehen, weil es ganz eindeutig gegen die Verfassung verstoße. 

Die Ukraine kommt nicht zur Ruhe

Durch den anhaltenden Konflikt kann das Land nicht zur alten Stabilität zurückfinden, glaubt unser Osteuropa-Korrespondent. Allerdings würde er die Ukraine dennoch nicht als gescheiterten Staat bezeichnen. Damit die Ukraine wieder die Kontrolle über das Land erhalten könne, müsse sich Russland aus dem Konflikt komplett zurückziehen. Aber selbst wenn es zu einem endgültigen Waffenstillstand käme, würde es noch lange dauern, bis das Land zusammenwächst. Denn die Menschen haben sich auseinander gelebt, sagt Florian Kellermann. 

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Shownotes
Russisch-ukrainischer Konflikt
Ukraine: Konflikt dauert an, das Land ist gespalten
vom 04. Oktober 2018
Moderator: 
Markus Dichmann
Gesprächspartner: 
Florian Kellermann, Osteuropa-Korrespondent Deutschlandfunk