Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Tina Howard ist in Sachsen geboren und aufgewachsen. Seit acht Jahren wohnt sie in Köln und fragt sich, ob sie die Menschen in ihrer Heimat noch versteht. Kurz vor der Landtagswahl in Sachsen ist sie mit dem grünen Deutschlandfunk-Nova-Mobil unterwegs und trifft Menschen, spricht mit ihnen, stellt Fragen. Ihr erster Gesprächspartner: Tino Hütter. Der 39-Jährige lebt mit seiner Frau und zwei Kindern auf einem Vierkanthof in Nauberg – einem kleinen Dorf mit etwas mehr als hundert Einwohnern.
Auf ihre erste Station freut sich Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Tina Howard besonders, denn sie führt sie in die Stadt, aus der sie kommt: nach Leipzig. Beziehungsweise in ein Dorf nicht weit von Leipzig entfernt.
In Nauberg, einem kleinen Dorf mit etwas mehr als hundert Einwohnern, hat Tina Tino Hütter getroffen. Der 39-Jährige hat dort mit seiner Frau und den zwei Kindern einen Vierkanthof und lebt – wie Tina sagt – in absoluter Idylle, mit vielen Tieren wie Schafen, Hühnern, Enten und Wachteln.
Idyllisches Leben in einem kleinen sächsischen Dorf
Den Hof bewirtschaften sie in ihrer Freizeit, denn jobmäßig sind Tino Hütter und seine Frau ziemlich eingebunden: Tino ist Vorstand bei einer Wohnungsgenossenschaft in Döbeln, einer Kleinstadt in der Nähe. Und Madlen ist Geschäftsführerin der Wohnungsverwaltung der Firma Sachsen Obst.
In dem Dorf zu leben war ihre freie Entscheidung – auch wenn es kein schnelles Internet gibt und keine Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr. Aber sie sind nicht die einzigen in ihrem Alter. In dem kleinen Dorf leben laut Tino Hütter viele junge Familien, mit zusammengenommen 17 Kindern. Die meisten haben die Höfe ihrer Familien übernommen.
"Ich bin schon heimatverbunden, sonst wäre ich irgendwann weggegangen. Mir gefällt es hier. Ich möchte hier nicht weg."
Was Tina auf ihrer Reise durch Sachsen besonders interessiert, ist, wie die Leute dort drauf sind. Das Bild, das in der Öffentlichkeit von "den Sachen" gezeichnet wird, scheint ihr oft sehr eindimensional und verkürzt zu sein. Trotzdem stellt sich nach der Europawahl und vor der Landtagswahl die Frage: Gibt es einen Rechtsruck in Sachsen? Und wo kommt die Wut her, die Medien und Politik entgegenschlägt?
Das Jahr 2015 als Wendepunkt
In ihrer Vorbereitung auf die Sachsen-Tour und auch im Gespräch mit Tino Hütter stellt Tina fest, dass das Jahr 2015 als Wendepunkt meist sehr schnell zur Sprache kommt, wenn man mit Sachsen über Politik redet. Das Jahr, in dem besonders viele Flüchtlinge Deutschland erreicht haben, hat tiefere Spuren hinterlassen, als Tina das zuvor wahrgenommen hatte, sagt sie.
"Für mich ist das Jahr 2015 schon ewig her – aber in Sachsen ist das ein bisschen anders. Das haben die Leute hier nicht vergessen."
In ihrem Gespräch mit Tino Hütter über Politik fällt das Stichwort 2015 auch ziemlich schnell. Aus seiner Sicht ist vieles damals falsch gelaufen. Der 39-Jährige kritisiert vor allem, dass es kein Konzept gab. Er stellt aber auch klar, dass er nicht dagegen ist, dass Flüchtlinge aufgenommen wurden und werden.
Landtagswahl in Sachsen: Für viele eine Abrechnung
Für Tina hört es sich so an, als fühlten sich die Leute in Sachsen überrumpelt. Und Tino Hütter bestätigt ihr, dass die Landtagswahl für viele auch eine Art Abrechnung ist.
Er selbst würde nie Parteien am rechten Rand wählen, aber in Gesprächen mit anderen Sachsen fielen durchaus häufig Kommentare in diese Richtung, hinter denen er nicht stehe.
"Bei uns im näheren Bekanntenkreis gibt es auch mal Äußerungen, wo ich sage: 'Das ist ein Punkt, den ich nicht so mittragen kann. Dann wird’s geschluckt, man redet kurz darüber und gut ist'."
Tino Hütter vertritt die Ansicht, dass jeder seine eigene Meinung haben sollte. Er fühle sich auch nicht als "Messias und auf einem Kreuzzug, andere Leute zu überzeugen", sagt er. Diese Verantwortung sieht er aber ganz klar bei Politikern, die seiner Meinung mehr durch Handeln, als durch Gerede überzeugen sollten.
Wunsch nach mehr Austausch und Verständnis
Für die Zukunft wünscht sich Tino Hütter weniger Spaltung. Er hofft auf mehr Austausch, mehr Verständnis und dass in Zukunft mehr Menschen mal nach Sachsen kommen und es sich ansehen, statt darüber zu reden und zu urteilen.
"Wir sind kein abgekapseltes gallisches Bundesland, was hier den Aufstand probt, sondern wir sehen uns schon als Teil der Bundesrepublik."