Geschlechtskrankheiten nehmen zu und manche Experten sagen: Dating-Apps sind daran nicht ganz unschuldig. Wir prüfen, was an dieser These dran ist.

In Großbritannien steigt die Zahl der sexuell übertragbaren Krankheiten: 2014 gab es 33 Prozent mehr Ansteckungen mit Syphilis im Vergleich zum Vorjahr, bei Gonorrhoe gab es ein Plus von 19 Prozent. Dass das so ist, könnte auch an der zunehmenden Nutzung von Dating-Apps liegen - sagt Peter Greenhouse von der Britischen Gesellschaft für HIV und sexuelle Gesundheit. Denn: Tinder und Co. machen es uns einfacher, unsere Sexualpartner schnell und oft zu wechseln und das wiederum erhöhe die Wahrscheinlichkeit, sich mit sexuell übertragbaren Krankheiten zu infizieren, meint Peter Greenhouse.

Keine einfache Rechnung

Einen direkten Kausalzusammenhang zwischen der Nutzung von Dating-Apps und der Zunahme von Geschlechtskrankheiten gibt es jedoch nicht - die Apps halten ihre Nutzer ja nicht davon ab, beim Sex Kondome zu benutzen. Viviane Bremer vom Robert-Koch-Institut sagt: Zwar nehmen auch in Deutschland sexuell übertragbare Krankheiten wieder zu - das allein auf die Dating-Apps zurückzuführen, wäre aber zu kurz gegriffen. Die Ursache könnte tiefer liegen - in einer generell veränderten, sorgloseren Einstellung gegenüber Sex in unserer Gesellschaft.

"Die Zahlen gehen hoch - das muss aber nicht mit den Apps zusammenhängen. Das kann auch ein generelles Umdenken sein, wie mit Sexualität umgegangen wird."
Viviane Bremer vom Robert-Koch-Institut über die Gründe für die Zunahme sexuell übertragbarer Krankheiten

Die Frage ist also: Ändern Dating-Apps unser Sexualverhalten oder sind sie nur ein Ausdruck unseres sowieso schon veränderten Sexualverhaltens? "Eine Frage, die sich am Ende nur schwer beantworten lässt", sagt DRadio-Wissen-Autorin Tina Kießling. Klar ist leider nur: Auch in Deutschland sind die Zahlen der Syphilis-Neuerkrankungen und HIV-Diagnosen in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen - trotz Aufklärung.

"Es macht sicherlich Sinn, wenn Dating-Plattformen mehr Information und Aufklärung bieten."
Viviane Bremer vom Robert-Koch-Institut

Viviane Bremer vom Robert-Koch-Institut erklärt dieses Phänomen unter anderem damit, dass Aids seinen Schrecken verloren habe: Da die Krankheit mittlerweile recht gut behandelbar sei, würden manche sich beim Sex nicht mehr ausreichend schützen - und eben auch mal aufs Kondom verzichten. Sollte also auch über Dating-Apps noch mehr über die Risiken von ungeschütztem Geschlechtsverkehr aufgeklärt werden? Keine schlechte Idee, findet Viviane Bremer.

Shownotes
Safer Sex
Erst Tinder, dann Syphilis?
vom 03. November 2015
Moderator: 
Till Haase
Gesprächspartnerin: 
Tina Kießling, DRadio Wissen