Am 16. September 2022 stirbt die Kurdin Jina Mahsa Amini in Polizeigewahrsam. Ihr Tod löst eine Protestbewegung aus, die auch das Leben von Sanaz Azimipour in Deutschland verändert. Sanaz ist Mitglied im "Woman* Life Freedom Collective" und überzeugt: Dieser Kampf gegen das iranische Regime und für das Leben ist revolutionär.
"Jin, Jiyan, Azadî" bedeutet auf Kurdisch: "Frauen, Leben, Freiheit". Nach dem Tod der 22-jährigen Jina Mahsa Amini ist die Parole zum internationalen Slogan für die Protestbewegung gegen das iranische Regime geworden. Ursprünglich ist der Ausruf deutlich älter und stammt aus der kurdischen Frauen- und Freiheitsbewegung.
Am 13. September 2022 wurde Jina Mahsa Amini in Teheran von der Sittenpolizei festgenommen, weil sie ihr Kopftuch falsch getragen haben soll. Berichten zufolge wurde sie im Polizeigewahrsam misshandelt und starb dann am 16. September. Auf ihren tragischen Tod folgten landesweite Proteste gegen das iranische Regime, die international große Unterstützung fanden.
Sanaz kämpft von Deutschland aus
Sanaz Azimipour verfolgt die Proteste von Deutschland aus. Seit 2016 lebt die gebürtige Iranerin in Berlin. Der Aufstand gegen das iranische Herrschaftssystem hat auch ihr Leben verändert.
"Das hat nicht nur mein Leben in Deutschland verändert, sondern auch mein Leben generell."
Kurz nach dem Tod von Jina hat Sanaz gemeinsam mit anderen Menschen das "Woman* Life Freedom Collective" gegründet. Eine feministische Gruppe, die Demos organisiert, Informationen zusammenträgt oder Artikel veröffentlicht, um die feministische Revolution im Iran von Deutschland aus zu unterstützen.
"Zum ersten Mal habe ich beobachtet, dass sich in solchen Massen eine Unzufriedenheit in eine Bewegung wandelt", sagt Sanaz. "Dann sind wir nicht nur die Menschen, die unglücklich sind, sondern die, die sich auch organisieren und dagegen kämpfen."
Dieses Mal ist es besonders
Sanaz glaubt, dass die Proteste dieses Mal besonders sind. Weil sie sich nicht gegen einzelne Dinge richten, sondern gegen das komplette System.
"Der Kampf ist dieses mal gegen das System und für das Leben, weil das System einfach das komplette Leben der Menschen zerstört."
Die Form der Proteste hat sich im Jahr seit Jinas Tod gewandelt. "Es ist klar, dass man nicht jeden Tag auf der Straße demonstrieren kann", sagt Sanaz. "Es gibt sehr unterschiedliche Widerstandsformen." Neben Demonstrationen finden auch Generalstreiks statt. Ein wichtiges Mittel ist außerdem der zivile Ungehorsam. Frauen protestieren, indem sie im öffentlichen Raum sichtbar sind, nicht mehr die Erwartungen der herrschenden Ordnung erfüllen, indem sie beispielsweise Kopftuch tragen. "Durch meinen Körper, meinen ungehorsamen Körper, stelle ich die herrschende Ordnung infrage."
Proteste auch auf dem Land
Die Proteste außerhalb der großen Städte seien deutlich radikaler und würden auch härter bestraft, sagt Sanaz. Zum Beispiel in den kurdischen Gebieten.
"Viele Menschen in vielen Orten im Iran sind an den Punkt gekommen, wo sie sagen: 'Wir haben nichts mehr zu verlieren'."
Wieso Sanaz überzeugt davon ist, dass die Protestbewegung nicht zu dem Status vor dem Tod an Jina Mahsa Amini zurückkehrt, das hört ihr im Deep Talk mit Deutschladfunk-Nova-Moderatorin Rahel Klein.
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