Schnarchen ist ein Männerding. Oder? Nein, ganz und gar nicht. Unsere Reporterin Tina Kießling hat mit Mitte 20 festgestellt, dass sie schnarcht. Das war ihr peinlich. Aber sie ist kein Einzelfall. Dass allein Männer schnarchen, ist ein Klischee. Ein Klischee, das vielleicht langsam bröckelt und dazu führt, dass Frauen häufiger zugeben, dass auch sie schnarchen.

Tina Kießling schnarcht nicht erst seit Neuestem, sondern seit sie Mitte 20 ist. Ein Termin beim HNO-Arzt brachte nicht viel. Der konnte nichts finden und empfahl ihr, sich mit dem Schnarchen abzufinden.

Viele junge Frauen schnarchen drei Nächte pro Woche

Seit Kurzem weiß Tina Kießling, dass sie mit ihrem Schnarchproblem nicht allein ist. Eine Studie des britischen Royal National Throat, Nose and Ear Hospital zeigt, dass 34 Prozent der Frauen im Alter zwischen 25 und 34 Jahre, mindestens drei Nächte pro Woche schnarchen. Bei den Männern in derselben Altersgruppe sind es 31 Prozent.

Mehr junge Frauen als junge Männer schnarchen? Die Forscher sehen den Grund darin, dass Frauen im Durchschnitt dicker werden. Das Körpergewicht kann tatsächlich ein Grund sein, bestätigt auch Maritta Orth. Sie ist eine der führenden Schlafmedizinerinnen in Deutschland.

Denn Fett, das sich am Hals anlagert, kann zum Schnarchen führen, so Maritta Orth. Doch bei Tina Kießling sieht sie das nicht als Grund. Da müsste sie schon mehr auf die Waage bringen. Auch ein fliehendes Kinn schließt Maritta Orth als Grund aus. Das kann aber ein Auslöser sein - ganz unabhängig vom Körpergewicht.

"Ich betrachte meine Patienten immer im Seitbild und sehe, ob der Unterkiefer zu klein ist. Das nennt man Retrognathie oder fliehendes Kinn. Die Frauen sind noch so schlank, aber diese Frauen neigen eher zum Schnarchen."

Tina Kießling hat kein fliehendes Kinn. Aber für das Schnarchen können sehr unterschiedliche Dinge verantwortlich sein: Zunge, Gaumen, Mandeln, Nase, Schleimhaut, Muskeln oder auch die Durchblutung können Auslöser sein. Hinzu kommt, dass die Gründe bei Männern und Frauen unterschiedlich sind.

Das Schnarchen kann unterschiedlichste Gründe haben 

Tina Kießling geht noch einmal zu einer HNO-Ärztin und lässt sich untersuchen. Die Diagnose lautet, dass vermutlich eine krumme Nasenscheidewand das Schnarchen auslöst. Für Tina Kießling ändert sich damit nichts: Sie wird sich mit dem Schnarchen abfinden.

Denn Schnarchen ist per se nicht schlimm, solange es keine Schlafapnoe ist. Dann sind mit dem Schnarchen Atemaussetzer verbunden. Die Schlafapnoe wurde lange allein Männern zugeschrieben. Erst 1993 zeigte eine Studie, dass Männer zwar häufiger unter einer Schlafapnoe leiden, Frauen aber auch. 

Bis heute hält sich das Klischee, dass Männer mehr schnarchen und damit verbunden die Vorstellung, dass schnarchen besonders männlich sei. Die Schlafmedizinerin Maritta Orth hält das für Blödsinn.

"'Männer müssen schnarchen, um ihre Frauen vor den wilden Tieren zu beschützen.' Das ist natürlich Superblödsinn."

Wenn in einer Umfrage also mehr Frauen als Männer angeben, dass sie schnarchen, dann könnte es auch daran liegen, dass Frauen heute eher zugeben, dass sie auch schnarchen. Das wäre gut. Denn wenn Schnarchen weniger peinlich ist, gehen Frauen vielleicht auch zum Arzt, um zu schauen, ob das Schnarchen gefahrlos ist oder gründlich untersucht werden sollte.

Mehr zum Thema:

  • Der kleinste Schnarcher  |   Sie sind klein und bezaubernd - aber schnarchen. Warum? Fragt sich Sven Preger und hat sich im Dschungel auf die Lauer gelegt nach schnarchenden Kolibris.
  • Schlafstörungen: Müde und trotzdem wach  |   Mehr als ein Drittel der Gesamtbevölkerung ist übermüdet. Der Schlafmediziner Ingo Fietze hat ein Buch über die "übermüdete Gesellschaft" geschrieben und erklärt, warum wir immer weniger schlafen und warum Schlafmangel so ein großes Problem für den Körper ist.
Shownotes
Schlafmedizin
Auch Frauen schnarchen
vom 11. Februar 2019
Gesprächspartnerin: 
Jenni Gärtner
Autorin: 
Tina Kießling