Verschiedene Frauenorganisationen kritisieren den Reformentwurf zum Sexualstrafrecht, weil ein "Nein" gegen sexuelle Handlungen immer noch nicht ausreicht.
Ein "Nein" gegen eine sexuelle Handlung muss immer noch wehrhaft begleitet sein, sagt die Rechtsanwältin Christina Clemm. Auch nach der jetzt geplanten Reform des Sexualstrafrechts. Die Juristin kritisiert, dass in dem von Justizminister Heiko Maas vorgelegten Entwurf nur weitere Ausnahmen aufgenommen werden. Das Problem bei einer Neuregelung sei nicht, dass Wort gegen Wort stehe. Schon nach der derzeitigen Rechtsprechung bestehen die gleichen Beweisschwierigkeiten beim Nachweis sexueller Nötigung.
Kein Paradigmenwechsel im Sexualstrafrecht
Christina Clemm dagegen fordert einen Paradigmenwechsel im Sexualstrafrecht, in dem die sexuelle Selbstbestimmung an sich geschützt ist. Dieser Paradigmenwechsel würde auch dem gesellschaftlichen Wandel entsprechen. Als Beispiel nennt die Juristin das Eigentumsrecht: Wenn ich mein Portemonnaie auf den Tisch lege, und ein anderer nimmt es weg, dann muss ich mich nicht erst wehren, sondern dann ist das Diebstahl. Wenn mich jemand an der Brust anfasst, dann ist das nicht strafbar, weil die sexuelle Selbstbestimmung an sich nicht geschützt ist.
"Jede sexuelle Handlung gegen den ausgedrückten und erkennbaren Willen einer anderen Person muss strafbar sein."
Dabei hätte in einem Großteil der Bevölkerung schon längst ein Paradigmenwechsel stattgefunden: "Jeder weiß, dass er keine sexuellen Handlungen gegen den Willen der anderen Person ausführen darf. Wir gehen schon lange davon aus, dass nein nein heißt. Dieser Wandel sollte gesetzlich normiert werden", fordert Christina Clemm.
"Wir gehen ja nicht mehr von Besitzverhältnissen an Frauen aus."
Mit der geplanten Gesetzesreform wird der Überraschungsangriff in Zukunft strafbar sein. Die Rechtsanwältin erklärt: "Ich stehe in der U-Bahn und jemand greift mir unter den Rock oder sogar unter die Unterhose, das ist im Moment überhaupt nicht strafbar." Außerdem wird auch das Drohen mit einem empfindlichen Übel strafbar: "Der Täter droht nicht, dass er mich umbringen will, sondern dass er meine Katze aus dem Fenster werfen will." Diese Drohung sei bislang noch straffrei.
Mehr über die geplante Reform des Sexualstrafrechts:
- Sexualstrafrecht: Wenn ein "Nein" nicht reicht | Artikel auf sueddeutsche.de