Paris hat ein neues Sicherheitskonzept für Busfahrende: Ab 22 Uhr können sie auf Wunsch auch zwischen den Bushaltestellen aussteigen, das soll den Nachhauseweg verkürzen. Fachleute haben aber noch andere Ideen, wie sich vor allem Frauen nachts sicherer fühlen können.

Als Frau nachts draußen alleine unterwegs sein - da haben viele ein mulmiges Gefühl. In vielen Städten gibt es Überlegungen, wie es vor allem für Frauen sicherer werden kann. Paris hat jetzt eine Idee umgesetzt: Busfahrende können auf Zuruf Bescheid sagen, wo sie aussteigen wollen. Das gilt bei Fahrten nach 22 Uhr.

Ganz neu ist das allerdings nicht. Auch in Deutschland gibt es diese Bus-Stopps schon eine Weile, zum Beispiel in Erlangen und Hannover, aber teilweise nur am Wochenende. Auch im Ruhrgebiet oder in Bonn kann man auf verschiedenen Strecken abends zwischen den Haltestellen aussteigen.

BKA: Frauen meiden nachts bestimmte Wege

Ziel ist, dass der Nachhauseweg kürzer wird und Frauen sich dadurch wohler fühlen. Auch wenn sie im Bus belästigt werden, können sie jederzeit aussteigen.

Dass es sogenannte Angsträume für Frauen nachts gibt, hat auch eine Studie des Bundeskriminalamts vom November 2022 ergeben. Heraus kam, dass Frauen bestimmte Orte und Verkehrsmittel bei Dunkelheit meiden, weil sie sich dort unsicher fühlen. Als Angsträume gelten zum Beispiel dunkle Straßen, Unterführungen oder leere Plätze.

"Gemeint sind Orte im öffentlichen Raum, bei denen du nachts Angst hast, hier könnte dir etwas passieren und niemand bekommt das mit, und du kannst aus der Situation nicht raus."
Laura Habke, Deutschlandfunk-Nova-Reporterin

Gefühlte Angst vs. Statistik

Allerdings ist nicht jeder Ort, den wir als Angstraum wahrnehmen, auch tatsächlich gefährlich, sagt unsere Reportern Laura Habke. Der Soziologe Tim Lukas von der Uni Wuppertal verweist in diesem Zusammenhang auf die Statistik und sagt: Das Risiko, Opfer einer Straftat im öffentlichen Raum zu werden, ist eher gering. Das schließt auch Sexualverbrechen ein. Die passieren nämlich eher im privaten Umfeld.

"Gerade da zeigen uns die Statistiken, dass etwa zwei Drittel aller sexuellen Gewalt im privaten Nahraum von Freunden und Familie stattfinden."
Tim Lukas, Soziologe an der Uni Wuppertal

Wobei in die Statistik natürlich nur die Fälle einfließen, die zur Anzeige kommen. Gefühlter Angst kann man aber mit Statistik nicht immer beikommen, sie ist ein sehr subjektives Gefühl: Manche fühlen sich schon nicht mehr sicher, wenn es nur dunkel ist, andere sind robuster, fühlen sich mutiger, auch nachts.

Bus-Stopps eine Möglichkeit, aber es geht noch mehr

Deshalb kann so ein Konzept mit Wunsch-Stopps sinnvoll sein. Aber am besten sollten verschiedene Lösungen miteinander kombiniert werden, meint Anke Schröder. Sie leitet die kriminologische Forschung beim Landeskriminalamt Niedersachen und hält es für wichtig, dass Straßen gut eingesehen werden können, übersichtlich sind und Wege gut gekennzeichnet sind.

"Wichtig sind auch Informationen, insbesondere im öffentlichen Personennahverkehr. Auch, wenn Baustellen eingerichtet werden, dass man sich immer gut orientieren kann, wo man hingeht."
Anke Schröder, Leiterin der kriminologischen Forschung beim Landeskriminalamt Niedersachsen

Bars oder Kinos können Plätze beleuchten und beleben. Hilfreich kann es städtebaulich auch sein, Wohnhäuser so zu bauen, dass die Wohnzimmer, in denen die Menschen abends sitzen, zur Straße hin ausgerichtet sind. Und wer zumindest eine telefonische Begleitung auf dem Nachhauseweg haben möchte, um sich nicht ganz alleine zu fühlen, für den gibt es abends oder nachts sogenannte Heimwegtelefone - eine Hotline, über die man auf dem Nachhauseweg mit Menschen sprechen kann.

Shownotes
Gegen Angsträume
Fahrgäste sagen, wo der Bus nachts halten soll
vom 17. Oktober 2023
Moderatorin: 
Jenni Gärtner
Gesprächspartnerin: 
Laura Habke, Deutschlandfunk-Nova-Reporterin