Taten statt Worte? Ska Keller, Abgeordnete der Grünen im Europaparlament, ist skeptisch, was von den Plänen der Staats- und Regierungschefs der EU im Kampf gegen die Not von Flüchtlingen umgesetzt wird.
Die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union (EU) haben sich festgelegt: Sie wollen systematisch gegen Schleuser vorgehen, deren Boote zerstören und die Schleuserorganisationen zerschlagen. Außerdem soll es mehr Schiffe, Ausrüstung und Geld für die Seenotrettung geben und besser mit den Herkunftsländern der Flüchtlinge zusammengearbeitet werden. Wir haben mit Ska Keller gesprochen, Abgeordnete für die Grünen im Europaparlament. Und sie gefragt, was sie von den Vorschlägen der Regierungschefs hält.
„Das Mittelmeer ist größer als die italienische Küste“
Ska Keller unterstützt, dass mehr Schiffe zur Rettung von Flüchtlingen aufs Meer geschickt werden. Auch wenn es sich bei Frontex um eine Grenzschutzagentur handelt, die gar nicht dazu da ist, Menschen in Seenot zu retten. Ein Kernproblem wurde Ska Kellers Einschätzung allerdings außer Acht gelassen: Frontex patroulliert im Rahmen der Aktion Triton vor der italienischen Küste. Die meisten Boote kentern, kurz nachdem sie in Libyen abgelegt haben.
Grundsätzlich gilt: Der Schwerpunkt der neuen Pläne liegt nicht bei der Seenotrettung, auch wenn das nach dem Gipfel anders klang. Die Regierungschefs haben viel mehr darüber gesprochen, was passieren muss, dass die Flüchtlinge gar nicht mehr versuchen, nach Europa kommen.
"Ich finde es unglaublich, wenn wir mit Militär auf Flüchtlinge losgehen."
Ein wichtiger Punkt: Schlepperboote zerstören. Die Außenminister haben immer wieder den Vergleich mit der Atlanta-Mission gezogen, bei der es um die Bekämpfung von Piraten ging. Damals schossen die teilnehmenden Staaten aus Helikoptern mit Schnellfeuerwaffen auf Boote. Ska Keller kann sich nur schwer vorstellen, wie diese Taktik dabei helfen soll, potenzielle Schlepperboote unschädlich zu machen. Ganz abgesehen davon, dass das gegen die europäischen Verträge verstoßen würde.
"Niemand will fliehen - und niemand sollte fliehen müssen."
Das Grundproblem ist für Ska Keller ein anderes: Die Menschen müssen fliehen, weil sie aus Kriegsgebieten stammen. Und zurzeit haben sie keine andere Wahl, als sich Schmugglern anzuvertrauen, weil es keine legalen Möglichkeiten der Einreise gibt. Ska Keller unterstützt das Ziel, die Situation in den Herkunftsländern zu verbessern. Allerdings weiß die Grünenpolitikerin nicht, was die Europäische Union in Ländern wie Syrien oder Eritrea ändern könnte. In anderen Regionen ist die EU ihrer Meinung dagegen durchaus gefordert. Die EU-Staaten müssten aufhören, andere Länder noch ärmer zu machen, deren Fische wegzufangen oder die lokalen Agrarmärkte zu zerstören.
"Es fehlt die Freiwilligkeit und der politische Wille von Mitgliedsstaaten noch mehr Flüchtlinge aufzunehmen."
Und was wird von hehren Zielen der EU-Staaten umgesetzt? Ska Keller geht davon aus, dass Frontex mit mehr Geld und mehr Schiffen ausgestattet wird. Allerdings ist sie skeptisch, dass sich EU-Staaten freiwillig einigen, Flüchtlinge gerechter auf die Einzelstaaten aufzuteilen. Und auch den Kampf gegen Schleuserbanden sieht sie kritisch. Wenn man Flüchtlinge nicht legal nach Europa lässt, werde es immer Schlepper geben.