Hate-Speech, Filter-Bubble, Fake-News: Dass das Internet nicht unbedingt der Heilsbringer für die Demokratie ist, wissen wir schon lange. Und doch gibt es sie, die Netz-Erfolgsgeschichten, die Hoffnung machen. Gerade erreichen sie uns aus dem Iran.

Golrokh Ebrahimi Iraee heißt die Frau, die ins Gefängnis musste, weil die Polizei bei ihr einen literarischen Text in ihrem Tagebuch gefunden hat, in dem ein Protagonist aus Protest den Koran verbrennt. Im Oktober wurde sie verhaftet. In dieser Woche ist sie nun zumindest vorübergehend freigekommen - nach für den Iran sehr ungewöhnlichen öffentlichen Protesten vor dem Gefängnis, aber auch durch Aufmerksamkeit, die eine Social-Media-Kampagne erhalten hat.

Im Zentrum der Kampagne steht ihr Mann, Arash Sadeghi, ein bekannter Regimekritiker, der seit Jahren von den Revolutionswächtern drangsaliert wird. Genauer gesagt, seit er sich 2009 an den Demokratie-Demonstrationen beteiligt hatte. Dafür büßt er seit Sommer 2016 eine 15 Jahre dauernde Haftstrafe ab.

Bei einer Hausdurchsuchung, die eigentlich ihm galt, wurde der literarische Text seiner Frau gefunden. Sadeghi trat daraufhin in den Hungerstreik, den er nach über 70 Tagen in dieser Woche abgebrochen hat - nachdem seine Frau das Gefängnis verlassen durfte. Dieser Fall hat viele Iraner und auch Menschen außerhalb des Landes bewegt. Der Hashtag #SaveArash war zwischenzeitlich Platz eins der weltweiten Twitter-Trends.

Seit 65 Tagen im Hungerstreik

Und diese Social-Media-Proteste finden nun Nachahmer - was durchaus überraschend ist, denn Twitter wird im Iran zensiert und ist nur mit gewissen Kenntnissen erreichbar. Aber trotzdem entsteht hier offenbar eine gewisse Dynamik, von der auch ein anderer politischer Häftling profitieren könnte: Ali Shariati befindet sich seit 65 Tagen im Hungerstreik. Über die dramatische Lage des Häftlings kann man sich mit Hilfe des Hashtags #SOSALI informieren. Der Hashtag trended in dieser Woche weltweit und verbreitet sich auch via Facebook und Instagram.

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Im Oktober wurde der Menschenrechtsaktivist festgenommen und sitzt nun in dem berüchtigten Teheraner Evin-Gefängnis ein. Dort verbüßt er laut Amnesty International eine Haftstrafe von fünf Jahren, weil die Behörden in ihm eine Bedrohung für die nationale Sicherheit sehen. Und das wiederum kommt daher, dass Shariati an einer Demo teilgenommen hat, die gegen Säureattacken auf Frauen protestierte.

Säureverätzungen gehören durchaus zu den Strafen, die iranische Gerichte verhängen und dann geht es um die Tatsache, dass hier überhaupt öffentlich demonstriert wurde - ohne dass dies die Führung gewollt hat. An der Kampagne für Shariati beteiligen sich auch Frauen, die selbst Opfer von solchen Attacken geworden sind.

Ein Opfer hat eine sehr bewegende Botschaft auf ihrer Instagram-Seite veröffentlicht. Und auch die Mutter von Shariati bittet um die Freilassung ihres Sohnes. Auch das via Twitter. Dieser Tweet ist sicherlich der am häufigsten verbreitete in der ganzen Kampagne #SOSALI.

Shownotes
Social Media
Kampagne für politische Häftlinge im Iran
vom 06. Januar 2017
Moderator: 
Till Haase
Gesprächspartner: 
Andreas Noll, DRadio Wissen