Der Sportjournalist Ronny Blaschke hat sich den Fußballsport in verschiedenen Ländern näher angesehen. Oft wird er für politische Zwecke missbraucht.
In seinem Buch "Machtspieler – Fußball in Propaganda, Krieg und Revolution" beschreibt der Sportjournalist Ronny Blaschke Beispiele, wie der Fußball weltweit für politische Zwecke missbraucht wird. Zum Beispiel habe der Schah im Iran vor rund 100 Jahren über den Fußball versucht, westliche Werte in die überaus konservative Gesellschaft einzuführen.
Weitere Beispiele: In Ägypten haben sich die Nationalisten mittels eines Fußballvereins gegen die britischen Besatzer gewehrt und in Algerien haben Fußballer in den 50er Jahren gegen die französische Kolonialmacht gekämpft.
"Die Begriffe Fußball und Politik sind für mich kein Gegensatz - eigentlich sind sie für mich ein und dasselbe."
Der Sportjournalist glaubt, weil Fußball so beliebt ist und so viele Menschen erreicht, eigne sich der Sport als Projektionsmittel – und als öffentlichkeitswirksame Plattform. Das zeige sich in den rund 200 Ländern, in denen Fußball gespielt werde. Überall dort werde er auch politisch genutzt – auch in demokratischen Ländern. Ein Beispiel für Deutschland: der Kabinenbesuch der Kanzlerin bei der Nationalmannschaft. Der Unterschied zu autokratisch und diktatorisch regierten Ländern: Dort darf über diese Form der Propaganda nicht kritisch berichtet werden.
Machtpolitik und Fußball
Fußballspieler geraten leicht ins Visier von Machthabern, wenn sie sich kritisch zu deren Politik äußern. Ronny Blaschke führt das Beispiel Irak an: Dort habe der Sohn von Saddam Hussein in den 90er Jahren kritische Fußballer foltern lassen.
Oder der syrische Nationalspieler, der sich aus dem syrischen Fußball zurückzog und ins Ausland ging. Er fühlte sich der syrischen Opposition zugehörig. Seit 2017 sei er aber wieder Teil der Nationalmannschaft und weniger kritisch. Der Sportjournalist vermutet, dass auf den Spieler Druck ausgeübt werde. Menschenrechtsorganisationen hätten in mehreren Fällen nachgewiesen, dass syrische Spieler gefoltert, getötet oder verschwunden sind.
Für Terror in Fußballstadien führt der Sportjournalist eine lange Reihe von Beispielen an, bei denen Machthaber Menschen in Stadien massakrieren ließen.
Protestbewegungen aus dem Fußball
Anderseits kann Fußball auch politisch verfeindete Lager einen. Wie 2007, als die irakische Nationalmannschaft die Asien-Meisterschaft gewann und nach Jahrzehnten von Krieg und Terror alle Volksgruppen hinter sich versammeln konnte.
Fußball kann demnach auch bei gesellschaftlichen Veränderungen unterstützen. Beispielsweise in der Türkei die Gezi-Proteste oder in Algerien, wo Ultras dazu beigetragen haben, dass Langzeit-Präsident Bouteflika gestürzt wurde. Fans und jugendliche Subkulturen nutzen demnach den Fußball auch für ihre nicht-sportlichen Interessen.
Vorgaukeln einer heilen Welt
Ausführlich geht Ronny Blaschke auf das Beispiel Syrien ein. Der Machthaber Baschar-al-Assad sei nie als besonderer Fußballfan aufgefallen, dennoch nutzt er den Sport für seine Propaganda. Mit dem Austragen von Fußballspielen wolle Assad eine Normalität "vorspielen", die es in dem Land aber eigentlich nicht gibt. Hintergrund sei laut Ronny Blaschke, dass Assad auf der Suche nach Investoren ist, um das Land wieder aufzubauen. In den Städten, die als sicher galten, fanden trotz Krieg Ligaspiele statt. Gleichzeitig hat Assad Stadien auch als Gefangenenlager benutzt.
Viele der syrischen Fans, der Ultras, seien geflohen, offiziell dürfen sie sich nicht mehr als Ultras bezeichnen, sagt der Sportjournalist.
Wirtschaftsmacht China
In China kontrolliert die kommunistische Partei den Fußball. Grund sei die Wirtschaft, sagt Ronny Blaschke. Chinesische Unternehmen unterstützen immer mehr chinesische Klubs, weil sie sich Vergünstigungen in dem Land erhoffen.
Andererseits finanziert China neue Stadien in Afrika. Im Gegenzug kann China auf wertvolle Rohstoffe des Kontinents hoffen. China verkörpere ein Drittel des globalen Wirtschaftswachstums, ein Fünftel der Weltbevölkerung und nutze die weltweit engen Verflechtungen zwischen Fußball und Wirtschaft.
Wer sich kritisch äußert, fliegt raus
Wer sich gegenüber der Menschenrechtssituation in China kritisch äußere, der wird schon mal aus einem Computerspiel in China getilgt - so wie Mesut Özil, der sich gegen die Ausgrenzung der Uiguren ausgesprochen hatte, sagt Ronny Blaschke. Von seinem Verein, FC Arsenal, habe er keine Unterstützung bekommen. Ronny Blaschke geht davon aus, dass auf Druck von China auch im Fußball kritische Töne zur Menschenrechtslage weiter ausgeklammert werden.