"What a stupid..." – auch US-Präsidenten rutscht mal ein böses Wort raus. Aber das ist nicht nur schlecht! Flüche haben auch gute Effekte, erklärt Neurowissenschaftler Henning Beck.

Gleich vorab: Auch unser Nova-Neurowissenschaftler flucht. Oft sogar, gibt Henning Beck offen zu. Aber meist alleine und ohne jemanden zu beleidigen, betont er – anders als Joe Biden kürzlich.

Sollte euch also auch ab und an mal ein Kraftwort rausrutschen – ihr seid in guter Gesellschaft. Und es wird noch besser: Fluchen macht neurologisch betrachtet absolut Sinn, sagt Henning Beck.

"Fluchen an sich hat viele Funktionen."
Henning Beck, Neurowissenschaftler

Tatsächlich würden wir vermutlich noch viel mehr fluchen, wenn wir nicht diese praktische Region im vorderen Hirnbereich hätten. Dort wird nämlich rausgefiltert, erklärt der Neurowissenschaftler, was sozial nicht so angebracht wäre. Wenn dann aber doch mal was rausplatzt, dann auch aus gutem Grund.

Fluchen mindert Angst und Stress

Es gibt nämlich auch Areale in unserem Gehirn, erklärt er weiter, die für die Kontrolle von Emotionen wie Angst oder Stress zuständig sind, das sind richtig körperliche Zustände. Und die lassen sich regulieren – eben auch mit Fluchen!

"Gerade Stresssymptome, Drucksituationen lassen sich so besser aushalten, weil im Gehirn diese Areale für Alarmzustände durch Flüche ein bisschen reguliert werden."
Henning Beck, Neurowissenschaftler

Aber das Schimpfen reduziert nicht nur Stress oder Angst, es lässt uns auch Schmerzen und Kälte besser aushalten, sagt Henning Beck. Und es kann uns sogar pushen: Es lässt sich zeigen, so der Neurowissenschaftler, dass Menschen zum Beispiel mehr Leistung beim Sport bringen, wenn sie sich selbst anfluchen.

"Menschen halten Kälte besser aus, wenn sie fluchen."
Henning Beck, Neurowissenschaftler

Dadurch, wie wir sprechen und denken, können wir also körperliche und damit auch psychische Selbstkontrolle ausüben. Leider funktioniert beim Fluchen aber nicht alles – wenn wir etwa einfach laut "Rahmschnitzel" rufen, dann hat das wenig Effekt, sagt Henning Beck: "Es muss schon auch ein Kraftausdruck sein, und der muss auch kraftvoll ausgedrückt werden. Das ist der Königsfluch. Dann funktioniert es am besten!"

Fluchen heißt nicht automatisch beleidigen

Aber: Fluchen und Beleidigen ist ein Unterschied, ergänzt er. Wir müssen nicht gemein zu jemandem sein, um den gewünschten Effekt zu erzielen. Und das Fluchen funktioniert auch allein im stillen Kämmerlein, Publikum ist für den positiven Effekt nicht zwingend nötig.

"Wenn der Fluch so schlecht wäre und keinen Vorteil hätte, dann würden wir auch nicht fluchen."
Henning Beck, Neurowissenschaftler
Shownotes
Stressregulierung
Warum Fluchen uns so gut tut
vom 29. Januar 2022
Moderation: 
Rahel Klein
Gesprächspartner: 
Henning Beck, Neurowissenschaftler