Digitale Geräte und Prozesse haben einen hohen Energiebedarf. Tendenz steigend. Doch es gibt auch Ideen, deren Nachhaltigkeit zu verbessern.
Alle Rechenzentren der Welt haben im Jahr 2021 zusammen 500 bis 650 Terrawattstunden Strom verbraucht. Das ist in etwa so viel wie ganz Deutschland benötigt – inklusive aller Privathaushalte, Gewerbe, Industrie und öffentliche Einrichtungen.
Zählt man alle Smartphones, Computer, Smart-TVs, Notebooks und Tablets dazu, kommt nochmal eine ganze Menge Energie oben drauf. Der tatsächliche Stromverbrauch dafür ist kaum zu ermitteln, aber er dürfte nochmal deutlich höher liegen. Anders formuliert: Die weltweite IT ist für einen relevanten Anteil am Energieverbrauch verantwortlich und somit auch am CO2-Ausstoß.
Zwar werden die Rechen- und Datenzentren immer effizienter, doch auch die Datenmengen und Rechenaufgaben, die sie zu bewältigen haben, nehmen zu. Die Gründe dafür sind schnell gefunden:
- Serien, Filme und praktisch auch alle anderen Medieninhalte werden vermehrt übers Internet konsumiert und viel seltener zum Beispiel via Satellitenschüssel oder terrestrischer Antenne empfangen.
- Die technische Qualität von Medieninhalten steigt (4K statt HD). Das treibt die Datenmenge in die Höhe.
- Daten werden in der Cloud gespeichert, damit sie überall abrufbar und nutzbar sind.
- Software läuft vermehrt in der Cloud, also im Browser. Auch sie ist dadurch verfügbarer, leichter zu verwalten und zu aktualisieren.
- Es gibt immer noch Prozesse, die ziemlich analog laufen und nach und nach digitalisiert werden.
Fernseher verbraucht pro Person mehr Strom als Rechenzentrum
Die IT ist zu einem so großen Energieverbraucher und CO2-Emittenten geworden, dass die Politik, zumindest in Deutschland und in Europa, Handlungsbedarf sieht. Doch die Stratgien sind unzureichend.
Während nämlich bei den Rechenzentren relativ einfach politische Vorgaben gemacht werden können, weil es sich in der Regel um große Betriebe und Gebäude handelt, für deren Errichtung Genehmigungen erteilt werden müssen, ist das bei den einzelnen Geräten schwieriger, so Technikjournalist Konstantin Köhler. Anders gesagt: Computer, Notebooks, Fernseher und andere elektronische Geräte können so viel Strom verbrauchen, wie sie wollen. Lediglich wenn Geräte extrem ineffizient sind, setzt die Europäische Union Grenzen.
Große Unterschiede beim Stromverbrauch der Endgeräte
Dabei wären stromsparende Endgeräte am wirksamsten, denn: In der Regel sind sie es, die den größten Anteil am gesamten Stromverbrauch einer digitalen Anwendung haben. Ein Beispiel: Bei einem Film, der in 4K-Qualität auf einem 50-Zoll-Fernseher über WLAN geguckt wird, ist der Fernseher für 80 Prozent des gesamten Stromverbrauchs verantwortlich. Die restlichen 20 Prozent verteilen sich auf den Betrieb des Serverzentrums, in dem der Film gespeichert ist, sowie die Daten- und Rechenzentren, die die Daten transportieren und weiterleiten.
"Wer viel zockt und einen sparsamen Rechner benutzt, kann 200 Euro im Jahr sparen."
Natur- und Verbraucherschutz-Organisationen plädieren daher seit Jahren dafür, beim Kauf neuer Geräte darauf zu achten, wie viel Strom sie verbrauchen. Die EU hilft bei der Entscheidung mit den Effizienzklassen. Hersteller sind dazu verpflichtet, diese anzugeben. So können wir relativ schnell erkennen: Dieser Fernseher ist etwas sparsamer als der andere.
Rechenbeispiel Gaming
Auch hinsichtlich der eigenen Finanzen kann es sich lohnen, aufmerksam zu sein. Ein Beispiel: Läuft ein leistungsfähiger Gaming-PC an 300 Tagen im Jahr fünf Stunden pro Tag, dann betragen die Stromkosten dafür 240 bis 300 Euro. Mit einem effizienten Gaming-Notebook, das nur ein Drittel der Strommenge benötigt, lassen sich also 160 bis 200 Euro im Jahr sparen.
Auch bei Fernsehern und anderen technischen Geräten kann sich der absolute Stromverbrauch stark unterscheiden. Doch die absolute Strommenge von elektronischen Geräten zu begrenzen, ist für die Politik schwierig. Denn ab einem gewissen Punkt bedeutet das: Die Geräte sind weniger leistungsfähig als sie es sein könnten. So halten es manche Fernseh-Hersteller für schwierig, die neuen 8K-Fernseher so zu konstruieren, dass sie die Effizienz-Vorgaben der EU einhalten. Die großen Fernseher mit ultrascharfem Bild werden wohl trotzdem kommen.
Energiebedarf einer mittelgroßen Stadt
Die Nachhaltigkeit von Rechenzentren zu steigern, ist politisch einfacher – und auch vorgesehen. So heißt es im Vertrag der Ampel-Koalition: "Wir werden Rechenzentren in Deutschland auf ökologische Nachhaltigkeit und Klimaschutz ausrichten."
Dafür werden Prozessoren, Server und am Ende ganze Rechenzentren auf Effizienz getrimmt. Große Rechenzentren haben den Energiebedarf einer kleinen bis mittelgroßen Stadt. Selbst kleine Effizienzgewinne können am Ende also eine große Ersparnis bringen.
"Abwärme zu nutzen kann immer nur die zweitbeste Lösung sein."
Die zweitbeste Lösung nach dem Energiesparen: Wenigstens die Abwärme nutzen. Prozessoren werden im Betrieb warm. Oft wird diese Abwärme einfach in die Umwelt entlassen. Dabei könnte sie genutzt werden: "Theoretisch könnten ein Viertel aller Haushalte in Frankfurt am Main mit der Abwärme von Rechenzentren beheizt werden", sagt Ralph Hintemann, Gesellschafter und Forscher am privaten Borderstep Institut für Innovation und Nachhaltigkeit in Berlin, das im Auftrag des Digitalverbands Bitkom eine Studie zu Rechenzentren in Deutschland veröffentlicht hat.
Noch ist das aber alles Theorie - denn es fehlen massenhaft Leitungen, die die Wärme vom Rechenzentren in die entsprechenden Haushalte bringt. Forscher Ralph Hintemann kennt keine großen Projekte, bei denen die Wärme aus Rechenzentren genutzt wird. Das Thema werde aber inzwischen bei der Planung neuer Rechenzentren und Wohnungen berücksichtigt: In Frankfurt am Main, einer Stadt mit vielen Rechenzentren, wird gerade ein Quartier mit 1.300 Wohnungen gebaut, die über Fernwärme eines Rechenzentrums versorgt werden sollen. So wird am Ende tatsächlich Energie eingespart. Wenn das Rechenzentrum irgendwann ausschließlich mit CO2-freiem Strom betrieben würde, wäre das auch ein großer Fortschritt in Richtung Klimaneutralität.
Streaming könnte teurer werden
Dass weltweit der Bedarf an Rechenleistung und Rechenzentren steigen wird – darin sind sich die meisten Experten einig. Die Digitalisierung hat ihren Höhepunkt noch lange nicht erreicht. Eine pessimistische Prognose: Der Energiebedarf für die Verarbeitung und den Transport von Daten wird irgendwann so hoch sein, dass ein Großteil der erzeugten Energie weltweit nur dafür verwendet werden muss. Womöglich wird deshalb noch länger als eigentlich nötig Strom mithilfe von Öl, Kohle und Gas erzeugt.
Andererseits: Falls die Welt es mit der geringeren CO2-Produktion ernst meint, könnten sich Angebot und Nachfrage nach Energie in gewisser Weise selbst steuern. Wenn der Strom also in Zukunft teurer (weil knapper) wird, steigen auch die Preise für digitale Produkte und Dienstleistungen. Womöglich wird dann alles noch mehr auf Effizienz getrimmt. Oder aber, das Streaming-Abo kostet dann 30 und nicht mehr nur 10 Euro im Monat.