Dass wir so ein gespaltenes Verhältnis zu unserem Stuhlgang haben, geht auf eine zivilisatorische und kulturelle Entwicklung zurück: Bloß weg mit der Scheiße, ist aber die falsche Parole.
Noch bis zum 16. Jahrhundert hatten wir wohl kein Problem damit, uns auf offener Straße unserer Exkremente zu entledigen. Nicht dass sich irgendjemand diese Zeiten zurückwünscht, aber in jener Epoche scheinen wir uns durch Benimmregeln und andere gesellschaftliche Konventionen mehr und mehr von unserer Scheiße entfremdet zu haben.
Extreme Entfremdung
Heute geben wir, wo bei es in verschiedenen Ländern unterschiedliche Lösungen gibt, unseren Kot direkt in Tiefspüler-Wasserklosetts ab, ohne ihn noch eines Blickes zu würdigen und in der Hoffnung, dass von unserer Notdurft möglichst keine Gerüche wahrzunehmen sind. Diese extreme Ablehnung eines Teils unseres Daseins verhindert einen entspannten Umgang mit dem Heilmittel und Rohstoff Scheiße.
Stuhltransplantation, bei der per Endoskop oder Magensonde gereinigter Stuhl in den Darm eines Menschen übertragen wird, kann bei chronischem Durchfall helfen. In Fachkreisen heißt das Mikrobiomtransfer, der bei der Bekämpfung des Keims Clostridium difficile eingesetzt wird.
Aus Scheiße Geld machen
Nicht nur in der Medizin kann Scheiße gewinnbringend eingesetzt werden: Aus der Weiterverarbeitung von Fäkalien kann Methan und Biokohle gewonnen werden.
Vielleicht würde durch die Wiederverwertbarkeit unseres Kots sich auch unsere Einstellung gegenüber der Scheiße verändern: Stuhlgang erinnert uns an unsere eigene Sterblichkeit, weil wir einen Teil unseres Körpers abstoßen.
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