Jährlich sterben 1,5 Millionen Menschen an Tuberkulose, die meisten davon in Afrika. Doch es gibt Hoffnung: Ratten könnten verhindern, dass sich die Krankheit weiter ausbreitet.

Weltweit erkranken jedes Jahr fast zehn Millionen Menschen neu an der Lungenseuche. Die Erreger breiten sich über den Blutkreislauf aus und befallen die Organe. In Tansania ist Tuberkulose nach Malaria und Aids die dritthäufigste Todesursache. 

Ratten erschnuppern Tuberkuloseerreger

Die meisten Infizierten sterben, weil die Krankheit nicht erkannt wird. Eine schnelle Diagnose ist außerdem wichtig, damit sich die Krankheit nicht ausbreitet. Die Infektionsrate ist hoch: Jeder unbehandelte Tuberkuloseerkrankte steckt im Schnitt rund ein Dutzend weitere Menschen an. 

"Gambia-Riesenhamsterratten sind die größten Ratten der Welt. Sie verfügen über einen ausgezeichneten Geruchssinn und können nach entsprechendem Training leicht Tuberkuloseerreger in Speichelproben identifizieren."
Mario Ludwig, Deutschlandfunk Nova

Um die Krankheit zu erkennen, werden normalerweise Speichelproben der Patienten analysiert. Weil molekulare bzw. immunologische Tests ziemlich teuer sind, untersuchen die Krankenhäuser in Tansania die Speichelprobe meisten einfach nur unter dem Mikroskop. Diese Methode ist zwar günstiger, aber auch deutlich ungenauer: Weniger als 50 Prozent der Proben werden per Mikroskop korrekt eingestuft. Und genau da kommen die Ratten ins Spiel. 

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Die Ratten erkennen Tuberkolose besser als Menschen 

Die Gambia-Riesenhamsterratten sind inklusive Schwanz bis zu 90 Zentimetern lang und wiegen auch mal vier Kilogramm. Durch ihren ausgezeichneten Geruchssinn können sie Tuberkuloseerreger erschnuppern. Sie haben dabei eine höhere Trefferquote als die Labortechniker mit dem Mikroskop. Und auch in Sachen Geschwindigkeit bei der Probenauswertung sind die großen Ratten ihren menschlichen Kollegen weit überlegen: Ein Labormitarbeiter benötigt zwei Tage, um hundert Proben auf Tuberkuloseerreger zu untersuchen. Das schaffen die Ratten in gerade mal 20 Minuten. 

"Die Ratten werden schon als Jungtiere darauf trainiert, Tuberkulosebakterien in Speichelproben von Patienten zu erkennen."
Mario Ludwig, Deutschlandfunk Nova
Riesenhamsterratte im Trainingslabor
© Imago
Riesenratte im Trainingslabor

Eine NGO bildet schon Jungtiere aus, die Tuberkulosebakterien in Speichelproben von Patienten zu erkennen. Die Konditionierung erfolgt nach dem Belohnungssystem: Wenn die Tiere eine Probe korrekt identifiziert haben, bekommen sie einen Bananenbrei. Die Ausbildung der Ratten dauert rund ein halbes Jahr und kostet pro Tier zwischen 6.000 und 7.000 Euro. Dafür kann eine Ratte bis zu acht Jahren als Tester eingesetzt werden. 

"Noch ist die 'Rattenschnüffel-Methode' nicht offiziell anerkannt."
Mario Ludwig, Deutschlandfunk Nova

Bisher sind die Riesenratten nur ein Back-up. Aber auch so retten sie schon Leben: In Tansania haben die Ratten bisher insgesamt fast 350.000 Speichelproben untersucht und dabei über 9.000 fälschlicherweise als gesund eingestufte Tuberkulosepatienten identifiziert.

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Quellen

Shownotes
Tiergespräch
Ratten als Ärzte
vom 25. April 2018
Moderation: 
Steffi Orbach
Gesprächspartner: 
Mario Ludwig, Deutschlandfunk Nova