Eine erfolgreiche Gegenoffensive der Ukraine hat rund 300 Dörfer rund um die Stadt Charkiw wieder unter ukrainische Kontrolle gebracht. Langsam müssen Stromnetze und Häuser wieder aufgebaut, Minen geräumt und die Menschen mit dem Nötigsten versorgt werden.
Charkiw, die zweitgrößte Stadt der Ukraine, steht zwar noch unter russischer Kontrolle, rundherum sind aber circa 300 Dörfer und rund 150.000 Menschen von den Besatzern befreit worden, berichtet ARD-Korrespondentin in Kiew, Silke Diettrich. Tausende Quadratkilometer befinden sich somit wieder unter ukrainischer Kontrolle.
Das russische Militär hat mit Gegenschlägen reagiert. Raketenangriffe rund um Charkiw haben gezielt das Stromnetz getroffen. Fast im gesamten Osten der Ukraine brach zwischenzeitlich die Stromversorung zusammen, sagt Silke Diettrich.
"Wenn man sich mal anschaut, wie zerstört die Häuser sind: Auch da müssen die Leute erst mal viel aufbauen, damit sie nicht im wahrsten Sinne des Wortes im Winter erfrieren."
Die Zerstörung ist sehr groß. Die ersten Aufräumarbeiten beginnen nun, das Stromnetz wird nach und nach wieder aufgebaut und der Katastrophenschutz versorgt die Menschen mit dem Nötigsten. Allerdings ist die Situation nicht ungefährlich, denn es gab bereits Opfer unter Minensuchern.
Eine der größten Sorgen besteht in der Region darin, dass die russischen Fliegerangriffe auch im Winter fortgesetzt werden und die Menschen dann möglicherweise ohne Strom, vielleicht auch ohne Gas und Wasser auskommen müssten.
Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Verdacht auf russische Foltergefängnisse
Das ukrainische Innenministerium hat den Verdacht geäußert, dass die russische Armee sogenannte Foltergefängnisse in den besetzten Gebieten eingerichtet hatte. Politiker*innen, die dem ukrainischen Innenministerium angehören, machen gemeinsam mit ausländischen Journalist*innen Touren durch die befreiten Dörfer.
Rund 40 Verdachtsfälle soll es in Bezug auf die vermeintlichen Foltergefängnisse geben. Die Staatsanwaltschaft hat nun damit begonnen, Beweise zu sichern und Menschen in der Region zu befragen.
"Die Rede ist auch von Foltergefängnissen. 40 Verdachtsfälle soll es alleine in der Region rund um Charkiw geben."
Zurzeit führt die Ukraine Gespräche mit dem internationalen Währungsfond. Das Land möchte ein komplettes Finanzierungsprogramm und außerdem weiterhin Nothilfe erhalten.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat zudem angekündigt, dass rückwirkend die Renten für die vergangenen fünf Monate an die Bürger*innen ausgezahlt werden sollen. Dafür müssen zunächst die Banken des Landes konsolidiert werden.
Wichtig sei im Moment vor allem, dass die Ukraine die Orte, die sie gerade zurückerobert hat, sicher halten und absichern kann, sagt die Korrespondentin.