Klimawandel, Rückgang der Biodiversität, Verschmutzung der Gewässer und der Luft: Wir muten der Erde mehr zu, als sie verkraften kann, meint Journalistin Petra Pinzler. Sie hat mit ihrem Kollegen Andreas Sentker die Bestandsaufnahme "Wie geht es der Erde?" herausgebracht.
In ihrer Bestandsaufnahmen "Wie geht es der Erde?" haben die beiden Journalisten der Wochenzeitung "Die Zeit", Petra Pinzler und Andreas Sentker, Berichte verschiedener Autoren zusammengestellt. Nach und nach wird die aktuelle Lage in den verschiedenen Bereich Klima, Wasser, Luft, Boden und Arten beschrieben.
Der Mensch wird zum Problem für die Erde
Insgesamt betrachtet, sagt Petra Pinzler, werden wir zunehmend ein Problem für die Erde, weil wir mehr auf der Erde verbrauchen, als sich wieder regenerieren kann. Für dieses Verhalten würde Petra Pinzler uns eine Vier minus geben – nicht ausreichend oder fast durchgefallen mit einem fetten blauen Auge. "Früher kam man mit einer Vier minus noch in die nächste Klasse und konnte sich verbessern." Es besteht also noch Hoffnung.
Für den riesigen Ressourcenverbrauch gibt es zwei Ursachen: das Bevölkerungswachstum und der individuelle Konsum. Je mehr Menschen auf der Erde leben (derzeit sind es mehr als 7,7 Milliarden), desto mehr Rohstoffe und Energie verbrauchen wir. Hinzu kommt: Je mehr Menschen an der Wohlstandsentwicklung teilhaben, sich Autos, elektronische Geräte und Freizeitaktivitäten leisten können, desto mehr steigt der Ressourcenverbrauch. Beide Entwicklungen zusammen führten dazu, dass wir an die planetaren Grenzen stoßen, sagt Petra Pinzler.
Menschen stoßen an die planetaren Grenzen
Am Beispiel der Überfischung im Mittelmeer zeigen sich diese planetaren Grenzen: Über 90 Prozent des Fischbestands sei überfischt.
In früheren Zeiten habe der Mensch mehr im Einklang mit der Natur gelebt, sagt Petra Pinzler. Die Menschen hätten nur so viel verbraucht, wie sich regenerieren konnte.
"Die Menschen sind seit Tausenden von Jahren Teil dieser Erde wie jede andere Spezie auch. Die Menschen haben früher im Einklang mit der Natur gelebt. Sie haben soviel verbraucht, wie sich regenerieren konnte."
Heute gebe es die Idee, mit der Kreislaufwirtschaft Ressourcen zu schonen. Dazu gehört, dass Material recycelt wird: Wir verbrauchen Ressourcen, um ein Produkt herzustellen, gebrauchen das Produkt und verwenden es später wieder. Das Konzept habe sich aber global zu wenig durchgesetzt, sagt Petra Pinzler.
"Die Kreislaufwirtschaft hat sich leider global zu wenig durchgesetzt. Wir verbrauchen, schmeißen weg, und damit ist es kaputt."
Mit Beginn der Industrialisierung hat ein veränderter Ressourcenverbrauch eingesetzt: Erdöl und Erdgas sind als leicht verfügbare, günstige Rohstoffe für die Energiegewinnung immer mehr eingesetzt worden. Das dabei freigesetzte Kohlenstoffdioxid (CO2) wurde zum Problem für die Atmosphäre.
"Wir sind im Wissen klüger als im Handeln, da müssen wir deutlich nachbessern."
In der Konsequenz hieße das: weg von den fossilen Energieträgern Öl, Gas und Kohle, hin zu den Erneuerbaren Energien, so Petra Pinzler. Dass das gehe, würden viele Ökonomen und Umwelttechniker bestehen - wir müssten es nur wirklich wollen.
"Wir müssen davon wegkommen, dass jeder Mensch immer mehr an Material verbraucht."
Gleichzeitig müsste auch jeder Mensch seinen individuellen Verbrauch einschränken: Die Autos müssten nicht immer dicker werden und wir müssten auch nicht mehr an Kleidung besitzen, als wir überhaupt tragen könnten. Insgesamt müssten wir die Dinge, die wir besitzen, nachhaltiger verwenden.
"Unser Überleben auf dieser Welt wird weiter möglich sein."
Die Bestandsaufnahme über die Umweltprobleme, mit denen wir konfrontiert sind, habe ihr geholfen, klar zu sehen, wie die Lage konkret sei. Deshalb glaubt Petra Pinzler, dass der Mensch sein Überleben auf der Welt sichern kann, nur die "Spielgrenzen", in denen er dies tun kann, würden immer enger werden.
Positive Zukunftsvisionen entwickeln
Eine Veränderung unseres Konsumverhaltens muss nicht gleichbedeutend mit Verzicht und Askese sein, sondern kann in der Zukunft beispielsweise ein naturnaheres Leben zurückbringen, indem der Mensch Autoverkehr eindämmt und mehr Grün in den Städten zulässt. Eine Perspektive, die Petra Pinzler sehr positiv bewertet. Für sie wäre das kein Verzicht, sondern ein Gewinn an Lebensqualität.
"Ich stelle mir solche Städte ganz wunderbar vor."
Derzeit habe das Thema Umwelt- und Klimaschutz dank der ökologischen Bewegung in der jungen Generation wieder mehr Konjunktur in der Politik. Tatsächlich bewegt die Politik das Thema spätestens seit dem ersten Bericht des Club of Rome, der in den 70er Jahren über die planetaren Grenzen sprach. Petra Pinzler stellt fest, dass das Thema immer dann Konjunktur hat, wenn die Menschen – vielleicht weil sie durch die wissenschaftlichen Erkenntnisse erschreckt sind – die Politiker treiben.
"Umwelt- und Klimaschutz hat immer dann Konjunktur, wenn die Menschen – vielleicht weil sie mehr hören von der Wissenschaft, was los ist - die Politiker treiben."
In dieser Bewegung in der Bevölkerung sieht Petra Pinzler auch die Motivation für die Politiker – für das Klimakabinett - zu sagen: Wir müssen jetzt etwas tun, weil die Menschen wollen, dass wir das ernst nehmen, was wir einmal versprochen hatten. Ob die Regierung am Ende die Schritte unternimmt, die sie sich vorgenommen hat, bezweifelt die Zeit-Journalistin.
Was der Journalistin Hoffnung macht: Dass sich Dinge verbessern können. Beispiel Luft: Die Qualität sei sehr viel besser geworden im Vergleich zu vor 50 Jahren, als die Luft noch stark bleihaltig war.
"Durch die Diskussion und das Beschreiben des Problems erschrecken sich die Leute und dann passiert auch politisch etwas."