Während die Taliban ihre Macht in Afghanistan festigen, gehen junge Frauen auf die Straße und demonstrieren für ihre Rechte. Woher diese Frauen den Mut nehmen, sich den neuen Machthabern entgegen zu stellen, erklärt Stefanie Glinski, die sich als Journalistin in Kabul aufhält.
Die Bilder, die in den letzten Wochen aus Afghanistan kommen, sind verstörend. Talibananhänger, die im Präsidentenpalast posieren, Babys, die in aller Verzweiflung an US-Soldaten übergeben werden, Menschen, die sich an startende Flugzeuge hängen. Nun kommen wieder Bilder hinzu, mit denen wohl niemand gerechnet hatte: Frauen gehen auf die Straße und demonstrieren gegen zum Teil bewaffnete Taliban. Auch die neuen Machthaber scheinen von den Protesten sichtlich überrascht, sagt Stefanie Glinski.
"Ich glaube, die Taliban haben nicht mit der Stärke dieser Frauen und ihrer Widerstandskraft gerechnet."
Junge Afghaninnen kennen nur ein Land ohne Taliban
Die Journalistin lebt seit drei Jahren in Afghanistan und berichtet für englisch- und deutschsprachige Medien über die Lage vor Ort. Sie hat die Demonstrationen beobachtet und mit Teilnehmerinnen gesprochen. "Es sind hauptsächlich junge Frauen, darunter viele Studentinnen, die da protestieren." Das sei genau die Generation, die die Talibanregierung vor über 20 Jahren gar nicht miterlebt hat.
"Die Frauen, die ich in den letzten Tagen sah, haben die Taliban ganz offen konfrontiert."
Die Lage verschärft sich – vor allem für Frauen
Stefanie Glinski sagt, dass es bei den Protesten durchaus zu gewaltsamen Ausschreitungen gekommen sei. Die Journalistin geht davon aus, dass die Gewalt vonseiten der neuen Regierungsinhaber zunehmen werde.
Noch während der Machtergreifung hatten die Taliban beteuert, Frauen könnten weiterhin arbeiten. Menschenrechtsorganisationen und Frauenrechtlerinnen glaubten von Beginn an nicht daran und appellieren ständig an die Weltgemeinschaft, die Frauen in Afghanistan nicht zu vergessen.
Eine mutige Generation junger Frauen
Inzwischen verschärft sich die Lage für die Frauen. Sie dürfen keinen Sport mehr machen, heißt es nun. Stefanie Glinski erzählt, dass sie mit Frauen gesprochen hat, die bis jetzt noch nicht an die Uni zurückgehen konnten, weil ihre "Studiengänge nicht für Frauen sind". Die Journalistin sieht die Gefahr, dass Frauen wieder ähnlich unterdrückt werden wie unter der letzten Talibanregierung vor 25 Jahren.
Bis jetzt bieten die Frauen den neuen Machthabern mutig die Stirn. Auf die Frage, was sie antreibt, antworten sie Stefanie Glinski: Es ist eine Mischung aus Solidarität untereinander und Angst. Angst vor den Taliban und vor einer Zukunft unter ihnen.
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