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Pflanzen sind Individuen, lautet eine These. Sie sind sogar intelligent, lautet eine andere. Wir haben die Argumente abgewogen.

Pflanzen haben Charakter – so lautet Rick Karbans These. Er ist Professor an der University of California und gilt als einer der führenden Forschenden zur Kommunikation von Pflanzen. Er vermutet, dass Pflanzen, die zur gleichen Art gehören, als Individuen unterscheidbar sind. Die eine sei beispielsweise etwas stressresistenter, die andere reagiere stärker auf Gefahren.

Rick Karban erforscht das an Salbeisträuchern, hat seine Ergebnisse aber noch nicht veröffentlicht. Wenn Raupen sie anknabbern, senden diese Sträucher bestimmte chemische Stoffe aus. Diese sind in der Luft messbar. Diese Stoffe können dann auch von anderen Pflanzen in der Umgebung wahrgenommen werden, die dann wiederum eine Art Schutzmechanismus aktivieren: Wenn sie "gewarnt" werden, können die anderen Pflanzen mit speziellen Botenstoffen Raubtiere anlocken – die dann die gefräßigen Raupen fressen.

Unterschiedliche Pflanze, unterschiedliche Reaktion

Nach Rick Karbans Forschung gibt es einzelne Salbeisträucher, die eher entspannt reagieren und andere, die ziemlich oft oder schnell solche Notsignale aussenden. Die Artgenossen in der Umgebung reagieren unterschiedlich,meint Rick Karban, je nachdem ob die Warnung von einem übersensiblen oder einem weniger sensiblen Strauch kommt.

"Wenn der ängstliche Strauch so einen Hilferuf losschickt, checken die anderen Pflanzen: Ach, guck mal, ist ja nur der Angsthase – müssen wir uns erst mal keine Sorgen machen."
Johannes Döbbelt, Deutschlandfunk-Nova-Reporter über kommunikative Salbeisträucher

Für Axel Mithöfer ist die individuelle Sensitivität bei Pflanzen keine Überraschung. Diese Beobachtung mit Charakter oder Persönlichkeit verbinden zu wollen, findet er ein bisschen weit hergeholt. Das sei doch sehr vermenschlichend. Axel Mithöfer forscht zum Thema Kommunikation von Pflanzen am Max-Planck-Institut für chemische Ökologie.

"Darauf beruht die Evolution, dass nicht eine Pflanze, ein Individuum wie das andere ist. Von daher ist unterschiedliche Sensitivität für mich jetzt nicht überraschend."
Axel Mithöfer, Max-Planck-Institut für chemische Ökologie

Über die Kommunikation von Pflanzen untereinander ist bereits einiges bekannt. So können sich Maispflanzen gegenseitig warnen, wenn die Abstände untereinander zu eng werden und können ihr Wachstum entsprechend korrigieren.

Ob Pflanzen deswegen als intelligent zu bezeichnen sind, ist wissenschaftlich umstritten. Die einen sagen: Ja, Pflanzen können Probleme lösen und sind damit intelligent. Die anderen sagen: Nein, Pflanzen haben kein Gehirn oder zentrales Nervensystem und sind es also nicht.

Mimosen zeigen flexibles Verhalten

Eine Art von rascher Verhaltensanpassung können Pflanzen allerdings schon vornehmen. Bei Versuchen mit Mimosen hat sich gezeigt, dass sie die Geschwindigkeit, mit der sie ihre Blätter ausklappen, den Umständen anpassen können.

Die Vegetationsökologin Katja Thielbörger von der Universität Tübingen ist bei ihrer Untersuchung folgendermaßen vorgegangen. Sie hat den Pflanzen Licht entzogen. Sie bekamen nur ein paar Minuten Licht am Tag. Nach einer Weile haben die Pflanzen dann tatsächlich ihr Verhalten geändert und regelrecht auf das Licht gewartet.

"Erst mal waren sie schon in Wartestellung. Als das Licht dann kam, haben sie extrem schnell die Blätter aufgeklappt, damit sie diese Minuten auch voll ausnutzen."
Katja Thielbörger, Vegetationsökologin, dem SWR gegenüber

Ihr habt Anregungen, Wünsche, Themenideen? Dann schreibt uns an Info@deutschlandfunknova.de

Shownotes
Vegetation und Kommunikation
Was Pflanzen sich erzählen
vom 24. November 2020
Moderatorin: 
Sonja Meschkat
Gesprächspartner: 
Johannes Döbbelt, Deutschlandfunk-Nova-Reporter