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Mit einem CDU-Rant-Video räumt der Youtuber Rezo gerade Klicks und Popularität ab. Geht es nach dem Kommunikationswissenschaftler Hans-Bernd Brosius, dann sollten Politikerinnen und Politiker jetzt vor allem eines tun: schweigen. Hier erklärt er, warum.

"Die Zerstörung der CDU" hat der Youtuber Rezo seinen Clip vom 18.05. genannt. Der Clip wurde inzwischen rund 3,6 Millionen mal angesehen. In dem fast einstündigen Video wirft er den Unionsparteien angesichts von Erderwärmung und extrem ungleicher Wohlstandsverteilung Versagen vor. Rezo ruft dazu auf, weder CDU/CSU, noch SPD und schon gar nicht die AfD zu wählen. Mit dem Video spricht er also indirekt eine Wahlempfehlung für die anderen Parteien aus.

Wir haben mit Hans-Bernd Brosius gesprochen. Er lehrt empirische Kommunikationswissenschaft an der Universität München. Hans-Bernd Brosius weist darauf hin, dass Rezo das Video kurz vor der Wahl zu einem für ihn sehr günstigen Zeitpunkt veröffentlicht hat. Inzwischen ist es ihm gelungen, dass sein Clip für die klassischen Massenmedien zum Thema geworden ist und nun bekommt er eine Resonanz, die eine Vervielfachung der Klickzahlen bringt.

"Man darf sich nicht auf das Schlachtfeld der Youtube-Welt begeben. Da kann man als klassischer Politiker nur verlieren – außer man hat lange Erfahrung mit dem Kanal."
Hans-Bernd Brosius, Institut für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung, München

Der Kommunikationswissenschaftler beobachtet, dass sich in unserer Medienlandschaft heute Rollen differenzieren. Neben den klassischen Journalismus treten nun Youtuber, Blogger und Influencer. Er erinnert daran, dass Journalist und Drucker in der frühen Neuzeit noch die gleiche Person war. Drucker waren selbst die Schreiber.

Diese neuen medialen Akteure handelten aus einer anderen Motivation. Für sie würden andere Erfolgsfaktoren gelten, als für klassische Journalisten. Sie drängten in einen Markt und sorgen für Überraschungseffekte.

Youtube und Politik sind wie zwei Welten

CDU-Politiker könnten darauf kaum angemessen reagieren, meint Hans-Bernd Brosius. Grundsätzlich bewegten sich Politiker in einer anderen Begriffswelt, in einer anderen Entscheidungswelt. Kommunikationsabläufe verliefen für sie völlig anders als bei Youtube. Youtuber genössen in ihrer Kommunikation, verglichen mit Politikern – große Freiheiten.

"Als Youtuber kann ich frei Schnauze vor mich herreden, kann ansprechen, was ich möchte. Das kann ein Politiker nicht."
Hans-Bernd Brosius, Institut für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung, München

Politiker müssten – anders als Youtuber – bei ihrer Wortwahl sehr vorsichtig sein. Sie riskieren leicht eine politische Auseinandersetzung – innerhalb und außerhalb ihrer Partei. Das könne vielleicht auch erklären, wie wenig gehaltvoll Statements von Politikern wären.

Aus der Sicht von Hans-Bernd Brosius wäre seitens der CDU Schweigen die richtige Reaktion auf das Video. Jede Antwort werde neue Kritik hervorrufen – insbesondere ein Youtube-Video, das inhaltlich und technisch nicht auf Augenhöhe mit dem Rezo-Video sei.

Dialog als Risiko für die CDU

Die CDU könne durchaus versuchen, den Youtuber Rezo in Veranstaltungen einzubinden und mit ihm öffentlich zu diskutieren. Die CDU laufe seiner Ansicht aber auch hier eher Gefahr, an Popularität zu verlieren, statt zu gewinnen.

Der Youtuber Rezo betreibt zwei Kanäle auf Youtube – angefangen hat er mit Coversongs. Die große Mehrheit seiner Clips sind Musik- und Comedyvideos. Insgesamt kommen sie auf 187 Millionen Aufrufe. Den älteren Kanal startete Rezo, dessen bürgerlicher Name nicht bekannt ist, im September 2015. Heute hat er dort knapp 1,6 Millionen Abonnenten. Auf dem zweiten Kanal ist er als Rezo ja lol ey mit 680.000 Abonnenten aktiv (Stand 22.05.2019).

Die Kanäle gehören beide zum Social Influencer Network der Ströer Content Group. Neben den Einnahmen über Views, verkauft Rezo in einem Online-Shop Kleidung und Stoffbeutel seiner Eigenmarke Rezo sowie Poster.

Shownotes
Video: "Die Zerstörung der CDU"
Warum Politiker nach dem Rezo-Video schweigen sollten
vom 22. Mai 2019
Moderator: 
Thilo Jahn
Gesprächspartner: 
Bernd Brosius, Institut für Kommunikationswissenschaft, Universität München