Arbeitnehmende haben durch einen Tag weniger Arbeit mehr Zeit für Müßiggang – das wirkt sich positiv auf die Gesundheit aus, so die Ergebnisse einer Untersuchung. Durch neue Arbeitsmodelle wie die Vier-Tage-Woche kann sich demnach auch die Produktivität im Job verbessern.

Vier Tage arbeiten – bei dem Gehalt einer regulären Arbeitswoche. Eine Berliner Unternehmensberatungsfirma ist überzeugt, dass das die Zukunft der Arbeit in Deutschland ist. Das Unternehmen Intraprenör startet deswegen ein Pilotprojekt, an dem sich 50 Unternehmen beteiligen sollen. Bis Ende November können sich Firmen dafür bewerben. Die sechsmonatige Testphase der Vier-Tage-Woche soll – bei voller Gehaltszahlung – zwischen Februar und August stattfinden.

"Während der Testphase sollen die Firmen von Intraprenör beraten werden. Das Ganze wird von der Uni Münster wissenschaftlich begleitet werden, um die Tests für die jeweiligen Unternehmen auszuwerten."
Verena von Keitz, Deutschlandfunk-Nova-Reporterin

Idee ist, dass Arbeitnehmer*innen durch den zusätzlichen freien Tag konzentrierter sind und die gleiche Arbeit in weniger Zeit schaffen. Dass dies funktioniert, zeigen Untersuchungen von Pilotprojekten aus den USA und Großbritannien. Auch in Deutschland erhält die Idee einer verkürzten Arbeitswoche viel Zustimmung, zeigt eine 2023 von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung in Auftrag gegebene Befragung.

Mehr Bewerber*innen bei Vier-Tage-Woche

Ein Pilotprojekt in Großbritannien zeigt etwa, dass es weniger Krankmeldungen gab und dass Arbeitnehmende weniger Stress empfinden. Viele Unternehmen wollen die Vier-Tage-Woche weiterhin beibehalten.

"Von der Vier-Tage-Woche haben Arbeitnehmer*innen und Arbeitgeber was – es gibt weniger Krankmeldungen, die Menschen empfinden weniger Stress empfinden, sind zufriedener und die Produktivität von Unternehmen steigt."
Verena von Keitz, Deutschlandfunk-Nova-Reporterin

Yvonne Lott vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung sagt, dass ein IT-Unternehmen aus Österreich durch die Einführung einer Vier-Tage-Woche bei gleichem Lohn wieder Mitarbeitende gefunden hat. In Deutschland gebe es immer mehr Betriebe – beispielsweise im Handwerk – die ihre Arbeitszeit auf vier Tage umstellen, so Yvonne Lott. Sie machen das, weil sie sonst keine Bewerbungen mehr kriegen, so Yvonne Lott.

Die Arbeitsverteilung hat auch gesundheitliche Aspekte. Zu viel Arbeit und Arbeitsverdichtung haben oft auch gesundheitliche Folgen. "Arbeitnehmende wollen sich heutzutage nicht krank arbeiten, sie achten auf ihre Gesundheit", sagt Reporterin Verena von Keitz. Auf der anderen Seite bleibt Arbeitgebern häufig gar keine andere Wahl als sich auf neue Modelle einzulassen, weil sie den Druck des Fachkräftemangels spüren.

Arbeitsabläufe und Arbeitsorganisation um

Bei einer Befragung gaben 80 Prozent an, dass sie sich eine Vier-Tage-Woche wünschen. Die meisten jedoch nur bei vollem Lohnausgleich. Grund dafür sei, dass Arbeitnehmende gerne mehr Zeit für sich haben würden, erklärt Yvonne Lott von der Hans-Böckler-Stiftung. Anscheinend gelingt es berufstätigen Menschen in Deutschland gut, Job und Familie unter einen Hut zu kriegen. Offenbar fehle vielen aber Zeit für Müßiggang.

Yvonne Lott: "Es fehlt die Zeit, sich mit einem Kaffee mal auf die Couch zu setzen und Löcher in Luft zu starren oder einfach Freiräume zu haben, in denen man schaut, worauf man gerade Lust hat." Die Menschen – die sich laut der Untersuchung nicht wünschen, weniger Arbeitstage zu haben –, sagen zum einen, dass sie Spaß an der Arbeit hätten. Sie fürchten aber auch, dass sich nichts an den Arbeitsstrukturen verändern würde und dass sie dann mehr Stress hätten.

Yvonne Lott erklärt, dass die Vier-Tage-Woche nur funktionieren kann, wenn Arbeitsabläufe und Arbeitsorganisation umgestellt und angepasst werden. Dazu müssen Zeitfresser identifiziert werden. Also es geht nicht darum, die volle Arbeitszeit in vier Tage zu quetschen.

Shownotes
Job und Leben
Viele wünschen sich die Vier-Tage-Woche
vom 18. September 2023
Moderation: 
Sebastian Sonntag
Gesprächspartnerin: 
Verena von Keitz, Deutschlandfunk-Nova-Reporterin