Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer bringt den sogenannten "Volkseinwand" ins Spiel. Der stärkt die Bürgerbeteiligung – allerdings nicht auf konstruktive Art und Weise.

Ein Instrument der Demokratie ist der sogenannte Volkseinwand. Länder wie die Schweiz und die USA haben ihn, nun fordert der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer, den Volkseinwand auch in Sachsen einzuführen.

Der Volkseinwand funktioniert so: Nach jedem Gesetz, das der Landtag verabschiedet, hat die Bevölkerung die Möglichkeit ein Veto einzulegen, also dieses Gesetz zu verhindern. Das soll in einer bestimmten Karenzzeit möglich sein, zum Beispiel innerhalb von 100 Tagen. So lange wäre das Gesetz noch nicht gültig – es tritt erst in Kraft, wenn es diese 100 Tage ohne Veto übersteht.

Für ein Veto müssten Unterschriften beziehungsweise Zustimmungen in anderer Form gesammelt werden: von einer bestimmten Anzahl der Bürgerinnen und Bürger, zum Beispiel fünf Prozent aller Abstimmungsberechtigten in Sachsen.

Volkseinwand wäre möglich

Rein technisch wäre der Volkseinwand unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Eine wäre, dass dringliche Gesetze, die zum Beispiel eine EU-Vorgabe umsetzen, von der Option des Volkseinwandes ausgenommen sind.

Vor- und Nachteile des Volkseinwandes

Mögliche Vorteile des Volkseinwandes könnten sein, dass sich der Landtag bei der Ausarbeitung von Gesetzen mehr Mühe gibt, weil über jedem Gesetz "ein Damoklesschwert hängt", wie der Politikwissenschaftler Marcel Solar sagt. Gesetze könnten demnach so gemacht werden, dass sie eine breitere Bevölkerungsschicht berücksichtigen.

Aber: Ein Volkseinwand könnte auch dazu führen, dass organisierte Interessen von Verbänden und Lobbygruppen einen größeren Einfluss auf Gesetze gewinnen. Außerdem befürchtet Marcel Solar, dass er Politik noch langsamer machen könnte.

Ein weiteres Problem des Volkseinwands: Bürgerinnen, Bürger, Verbände oder Lobbygruppen müssen sich kein eigenes Gesetz überlegen. Es reicht, wenn sie bereits erarbeitete Gesetze ablehnen und dafür ausreichend Gegner finden.

Shownotes
Vorschlag des sächsischen Ministerpräsidenten
Was der Volkseinwand bringt
vom 29. Juni 2019
Moderator: 
Ralph Günther
Gesprächspartner: 
Marcel Solar, Politikwissenschaftler, Lehrbeauftrager Uni Bonn