Wir sprechen davon, warten zu müssen - beim Einwohnermeldeamt, an der Kasse, im Stau, beim Arzt. Warten ist fast nie freiwillig. Dabei steckt in der ganzen Warterei eine Menge Potenzial. Welches, das weiß Friederike Gräff.
"In Deutschland warten wir durchschnittlich 6,9 Minuten an der Kasse. Damit liegen wir in Europa im Mittelfeld. Am längsten warten die Griechen mit 13,72 Minuten und am kürzesten die Portugiesen mit 2,49 Minuten."
Wer zuerst da war, kommt zuerst dran. Das ist die Regel der Warteschlange. Obwohl wir diese Regel kennen, macht uns das Warten wahnsinnig. Wir fühlen uns ausgeliefert, passiv. Dabei sagt es viel aus, wie wir warten: über uns und über die Gesellschaft. Denn Warten hat viel mit Geduld zu tun - und die ist irgendwie abhanden gekommen.
Es gab Zeiten, das ging es beim Warten vor allem um Hoffnung. Nach dem Krieg zum Beispiel, als Frauen auf die Rückkehr ihrer Männer hofften. In ihrem Buch "Warten - Erkundung eines ungeliebten Zustands" erzählt Friederike Gräff die Geschichte von Irmtrud Hillinger. Sie hat den zweiten Weltkrieg als junge Frau miterlebt. Nach dem Krieg hat sie gewartet - auf ihren Mann. Als sie 1947 endgültig die Nachricht erhielt, dass ihr Mann gestorben sei und sie nicht mehr warten musste, wurde aus der Hoffnung Verzweiflung.
Krank vom Warten
Eine andere Geschichte in Friederike Gräffs Buch, ist die von Basim Ahmadi, der über das Warten krank geworden ist. Er stammt aus dem Iran und wartet auf eine Aufenthaltsgenehmigung in Deutschland - seit 1999. Wieder und wieder wurde sein Asylantrag abgelehnt. Basim hat über das ganze Gewarte allmählich die Hoffnung verloren - und das Vertrauen in die deutschen Behörden.