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Weniger Regen, mehr Verbrauch: Die Grundwasserreserven in Deutschland schrumpfen, sagt eine neue Studie des BUND. Was bedeutet das für unser Trinkwasser – und was sollten wir jetzt tun?

Wasserhahn auf, Wasser läuft. Und das immer kühl, frisch, sauber und günstig. Das ist für uns selbstverständlich, wir denken meist nicht darüber nach. Doch es gibt ein Problem: Die Grundwasserreserven in Deutschland gehen zurück.

Wasser ist unser wichtigstes Lebensmittel. Wir brauchen es ständig: morgens zum Duschen, tagsüber zum Trinken, am Wochenende im Freibad. Doch eine aktuelle Studie des BUND zeigt, dass mehr als 200 Landkreise und kreisfreie Städte in Deutschland von Wasserstress betroffen sind. Das sind mehr als die Hälfte. Doch was genau heißt das?

"Wenn das Grundwasser knapp wird, dann wird automatisch auch das Trinkwasser knapp."
Julia Antoni, Geschäftsführerin der Stadtwerke Oberursel

70 Prozent unseres Trinkwassers werden aus dem Grundwasser entnommen. "Wenn das Grundwasser knapp wird, dann wird automatisch auch das Trinkwasser knapp", erklärt Julia Antoni. Sie ist Geschäftsführerin der Stadtwerke Oberursel, einer Stadt im Taunus, nordwestlich von Frankfurt am Main.

Vor allem an heißen Sommertagen steigt der Wasserverbrauch pro Kopf stark an. Weil wir mehr trinken, häufiger duschen, manche bewässern ihren Garten oder befüllen ihren Pool. Dann werde bis zu 250 Liter täglich pro Person verbraucht, erklärt Julia Antoni. Üblich seien sonst etwa 100 Liter weniger.

Trinkwasserstruktur ist nicht auf Klimawandel vorbereitet

Doch das Wasser fließt ununterbrochen aus den Hähnen. Ist es also nur Panikmache, von Wasserknappheit zu sprechen? Überhaupt nicht, sagt die Geschäftsführerin der Stadtwerke Oberursel.

Deutschland sei zwar ein wasserreiches Land, ein schonungsvoller Umgang mit der Ressource Wasser sei aber immer sinnvoll. 2018/2019 etwa waren Dürrejahre, in denen es lange nicht geregnet hat. Da haben es manche Kommunen verboten, den Garten zu bewässern oder das Auto zu waschen.

Ein Gartenschlauch mit Wasserfontäne
© picture alliance / CHROMORANGE | ANTONY ROBINSON
Den Garten zu gießen, wurde in manchen Kommunen zeitweise schon verboten.

Außerdem müsse man in die Zukunft blicken: Bis 2050 wird es noch mehr Hitzetage geben, außerdem werden Starkregenereignisse zunehmen. "Die Trink- und Abwasserstruktur ist darauf noch nicht ausgelegt", erklärt Julia Antoni. Die Leitungen, Brunnen und Aufbereitungsanlagen werden deshalb umgestaltet.

Wassermangel ist ein Problem in ganz Deutschland

Britta Fecke ist Biologin und Journalistin in der Deutschlandfunk-Umweltredaktion. Sie findet den Wassermangel alarmierend. In der Hälfte der deutschen Landkreise herrscht Wasserstress. Das heißt, es wird mehr Wasser aus dem Grundwasser entnommen, als durch Regen neu gebildet werden kann.

"Auf Dauer wird da einfach zu wenig sein", erklärt sie. Das hat Auswirkungen auf Pflanzen und Tiere und den Wald. Es ist ein gesamtdeutsches Problem, manche Regionen sind aber noch stärker betroffen: Teile Ostdeutschlands, vor allem Brandenburg, Regionen in Niedersachsen sowie die Rheinschiene.

Industrie zahlt oft nichts für Wasser

Das hat unterschiedliche Gründe. In Brandenburg etwa gibt es sehr sandige Böden. Anderswo entnehmen die chemische Industrie, wasserintensive Rechenzentren oder die Landwirtschaft sehr viel Wasser.

Die öffentliche Trinkwasserversorgung hat immer Vorrang vor Industrie und Landwirtschaft. Julia Antoni, Geschäftsführerin der Stadtwerke Oberursel, fordert dennoch, dass die Politik Wasser als wichtigste Ressource anerkennt. Und sie fordert mehr Geld, damit die Wasserwirtschaft sich besser an den Klimawandel anpassen kann.

"Da wir nicht mehr viel Wasser haben, sollte man auch einen Preis dafür nehmen, damit ein Anreiz zum Sparen geschaffen wird."
Britta Fecke, Journalistin in der Deutschlandfunk-Umweltredaktion

Wir alle können Wasser sparen: Weniger lang duschen, wassersparende Armaturen nutzen, regionales Obst und Gemüse kaufen, weniger oder secondhand Kleidung kaufen. Denn gerade in der Textilindustrie wird jede Menge Wasser verbraucht – zwar in der Regel nicht bei uns, aber in den Herstellungsländern.

Wissenschaftsjournalistin Britta Fecke hat noch weitere Forderungen: Sie findet, dass transparent werden muss, wer aus Industrie und Landwirtschaft wie viel Wasser entnimmt. Anders als wir zu Hause zahlt die Industrie für die Entnahme von Wasser an vielen Orten gar nichts.

Ein Platz mit Bäumen und Beeten
© picture alliance/dpa | Arne Dedert
Ein Beispiel für eine klimafreundliche Umgestaltung: Fast die Hälfte des Paul-Arnsberg-Platzes im Frankfurter Stadtteil Ostend wurde entsiegelt.

"Das ist natürlich ein völlig falscher Anreiz. Wenn mich etwas nichts kostet, dann bin ich damit verschwenderisch. Und da wir nicht mehr viel haben, sollte man auch einen Preis dafür nehmen, damit ein Anreiz zum Sparen geschaffen wird", findet sie.

Denn schon jetzt hat der Wassermangel Auswirkungen: Landwirte mussten Schafe und Kühe schlachten, weil sie kein Gras hatten, das sie verfüttern konnten. Ernten fallen aus. Es gibt Projekte, wo Kichererbsen oder andere Pflanzen angebaut werden, die weniger Wasser benötigen.

"Wenn das Wasser einmal im Meer ist, ist es weg für uns."
Britta Fecke, Journalistin in der Deutschlandfunk-Umweltredaktion

Aus Sicht von Britta Fecke ist jetzt am wichtigsten, die natürlichen Wasservorräte zu stärken. Dafür müssen Auwälder und Moore erhalten werden, die Wasser sehr gut speichern können, so wie ein Schwamm. "Bei versiegelten Flächen schießt das Wasser schnell anderswo hin, und wenn es einmal im Meer ist, ist es weg für uns."

Außerdem braucht es vor allem in Städten mehr Bäume, die Schatten spenden. "Wo mehr Schatten ist, ist es nicht so warm, und es verdunstet weniger – es gibt also weniger Wasserverlust." Denn wir müssen uns zwar akut keine Sorgen machen, dass kein Wasser mehr aus dem Hahn kommt. Aber wir müssen uns besser ums Wasser sorgen.

Ihr habt Anregungen, Wünsche, Themenideen? Dann schreibt uns an Info@deutschlandfunknova.de

Shownotes
Wasserstress in Deutschland
Was die Hitzewelle für unser Trinkwasser bedeutet
vom 19. Juni 2025
Moderation: 
Marcel Bohn
Gesprächspartnerin: 
Britta Fecke, Deutschlandfunk Umweltredaktion
Gesprächspartnerin: 
Julia Antoni, Stadtwerke Oberursel, Geschäftsführerin