Wer nach einer Straftat ins Ausland fliehen will, sollte wissen, welches Land ausliefert und welches nicht. Am Ende bleiben nur wenige Länder, die überhaupt geeignet erscheinen. Am besten gar nicht erst straffällig werden.

Vielleicht hilft es uns irgendwann zu wissen, in welches Land wir ausreisen können, ohne befürchten zu müssen, von dort wieder zurück nach Deutschland ausgeliefert zu werden – zum Beispiel, weil wir in Deutschland eine Straftat begangen haben. Ok, das ist unwahrscheinlich, weil: Das würden wir nie tun. Aber mal angenommen.

Interesse am Thema besteht jedenfalls: Welche Länder sich eignen, ist immer wieder eine Frage in Anwaltsforen. Die Google-Autovervollständigung schlägt die Frage ″Welche Länder liefern nicht aus″ vor, was ein Indiz dafür ist, dass danach recht häufig gesucht wird.

Also gehen wir der Frage einmal nach und fragen Strafverteidiger Udo Vetter. Auch er erzählt, dass er immer wieder nach vermeintlich sicheren Ländern gefragt wird. ″Man muss ja auch vorsorgen aus Mandantensicht, wenn irgendetwas schief läuft″, sagt er. Mit der Überlegung von Mandanten, aus Deutschland auszuwandern, werde er aber nicht jeden Tag konfrontiert.

Ohne Vertrag ist die Auslieferung oft einfacher

Was die Auslieferung aus anderen Ländern nach Deutschland angeht, gibt es vier Kategorien:

1. Europa

Innerhalb Europas wird in der Regel ausgeliefert. Manchmal gibt es Ausnahmen, etwa beim spanischen Politiker Carles Puigdemont, der sich trotz Haftsbefehls in Spanien in Europa relativ frei bewegen konnte. Ein deutsches Gericht hatte damals keinen Paragrafen gefunden, der eine Auslieferung hätte rechtfertigen können. ″Allerdings war der Fall umstritten″, sagt Udo Vetter.

2. Auslieferungsvertrag

Mit einigen Ländern hat Deutschland einen Auslieferungsvertrag geschlossen, zum Beispiel USA, Australien und Türkei. Diese Verträge regeln die Grundlagen, auf denen gegenseitig ausgeliefert wird.

3. Auslieferung auf vertragsloser Grundlage

Mit vielen Ländern gibt es keinen Vertrag, der die Auslieferung regeln würde – allerdings Kooperationen, die mit der Zeit entstanden sind. Udo Vetter sagt: Oft läuft die Auslieferung in diesen Fällen reibungsloser als bei Ländern, mit denen ein fester Vertrag besteht.

In solchen Fällen können Diplomatie und Politik nämlich Einfluss nehmen, manchmal kommt es zu Deals, zum Beispiel: Auslieferung gegen Entwicklungshilfe. Udo Vetter: ″Manchmal wird zwischen Staaten auch geschachert.″

Beispiele für diese Kategorie: Bolivien, Costa Rica, Japan, Saudi-Arabien, Weißrussland.

4. Kein Auslieferungsabkommen und auch keine entsprechende Praxis

An und von diesen Ländern wird in der Regel nicht ausgeliefert. Das sind zum Beispiel: Bangladesch, Guatemala, Iran, Kasachstan, Kuba und Philippinen. Eine Garantie, dass nicht ausgeliefert wird, gibt es nicht.

Deutschland achtet auf Rechtsstaatlichkeit

Wer in Deutschland lebt und nicht in ein anderes Land ausgeliefert werden will, hat die besten Karten, wenn eine Staatsangehörigkeit eines Landes vorliegt, in dem die Rechtsstaatlichkeit nicht sehr ausgeprägt ist oder wo die Todesstrafe droht. Aber: Auch an Länder wie Weißrussland wird generell ausgeliefert.

Ihr habt Anregungen, Wünsche, Themenideen? Dann schreibt uns an Info@deutschlandfunknova.de

Shownotes
Unterschiedliche Länder-Regelungen
Flucht ins Ausland: Wo Auslieferung droht
vom 04. August 2020
Moderator: 
Ralph Günther
Gesprächspartner: 
Udo Vetter, Strafverteidiger