Natalie Dedreux hat das Down-Syndrom. Und sie ist Aktivistin. Sie fordert mehr Inklusivität und mehr echten Austausch. Die Gesellschaft sollte Menschen mit Down-Syndrom mehr zutrauen – das ist Natalies Devise.
Natalie Dedreux ist Vorurteile gewohnt: Sie kennt es, das Menschen ihr Dinge nicht zutrauen, sie nicht ernst nehmen, sie belächeln und eher über sie sprechen, statt mit ihr.
"Es wird so viel über uns Menschen mit Behinderung bestimmt, das darf nicht sein."
Manche Menschen verhalten sich ihr gegenüber anders als Menschen gegenüber, die kein Down-Syndrom haben. Für Natalie ist dabei jedoch ganz klar: "Wir sind nicht das Problem – das liegt an der Gesellschaft. Das muss sich ändern."
Natalie lebt in einer Vierer-WG: Zwei Mitbewohnende haben das Down-Syndrom und zwei nicht. Die Aktivistin ist glücklich darüber, dass ihr zugetraut wurde, selbstständig in einer WG zu leben. Sie findet, dass zu viel über Menschen mit Down-Syndrom bestimmt wird und macht sich für mehr Selbstbestimmung stark.
Mehr Inklusivität durch mehr barrierefreie Angebote
Dafür ist es aber auch wichtig, dass die Rahmenbedingungen stimmen, denn was Barrierefreiheit angeht, gibt es noch vieles, was sich verändern muss. Natalie kritisiert, dass zu wenig Inklusivität vorhanden ist, als Beispiel nennt sie, dass Texte oft nicht in vereinfachter Sprache verfügbar sind und dass beispielsweise auch das Fahren mit öffentlichen Verkehrsmitteln oft Schwierigkeiten bereitet
"Ich wünsche mir von unserer Gesellschaft, dass die Menschen mehr mit uns reden, als über uns zu reden. Das ist mir schon wichtig, das zu sagen."
Aus ihrer Arbeit als Aktivistin schöpft Natalie auch viel Hoffnung für die Zukunft, weil sie dadurch Einfluss darauf nehmen kann, dass sich etwas verändert und sich damit die Lebensqualität von Menschen mit Trisomie 21 in Zukunft verbessert.
Verschwindet das Down-Syndrom aus unserer Gesellschaft?
Es werden immer weniger Menschen mit Down-Syndrom geboren, sagt Sigrid Grauman vom Deutschen Ethikrat. Das liegt daran, dass sich viele Schwangere nach einem positiven Down-Syndrom-des Fötus', häufig für eine Abtreibung entscheiden.
Konkrete Zahlen gibt es zu dieser Entwicklung nicht, aber qualitative Forschung, an der auch Sigrid Graumann in ihrer Tätigkeit als Ethikerin mitgearbeitet hat.
"Das ist ziemlich bitter für Menschen mit Down-Syndrom: Wir senden die Botschaft als Gesellschaft, dass es besser ist, wenn ein Menschen mit Down-Syndrom nicht geboren wird."
Das Image der Menschen mit Down-Syndrom sei durch Kampagnen und durch Menschen, die diese Anaonmalie haben und in der Öffentlichkeit stehen, besser geworden, sagt Sigrid Graumann.
Kritisch sieht die Professorin für Ethik allerdings die Bluttests, die Schwangere nun als Kassenleistung erhalten können. Mit diesen Tests lassen sich gewissen Chromosomenanomalien wie zum Beispiel Trisomie 21 feststellen. Dadurch würde ein gewisse Vorstellung davon Entstehen, was das Normale oder der Standard in einer Gesellschaft sei.
Feststellen zu können, ob der Fötus eine Anomalie habe und sich dann für einen Schwangerschaftsabbruch entscheiden zu können, würde die falsche Botschaft senden, sagt die Ethikerin. Denn dadurch würde eine subtile Bewertung des Lebens von Menschen mit und ohne Down-Syndrom erfolgen, was Sigrid Graumann als eine kritische Entwicklung sieht.