Am Internationale Frauentag wird viel darüber diskutiert, wie weit wir mit der Geschlechtergerechtigkeit sind. Elisabeth Prügl, Professorin für Politikwissenschaft und internationale Beziehungen am Graduate Institut in Genf ist der Meinung, dass wir in einer Zeit leben, in der die Rechte der Frauen wieder stark bedroht sind.

Elisabeth Prügl sagt, dass dabei diverse Dimensionen eine Rolle spielen. "Aber die Wichtigste bezieht sich meines Erachtens auf das, was die Amerikaner Bodypolitics nennen", so Elisabeth Prügl . Dabei gehe es um Themen wie Abtreibung, Geschlechteridentität oder sexuelle Rechte. "Das sind Themen, die im Moment auch deswegen aktuell sind, weil die populistischen und autoritären Kräfte, die sich in der Welt in den Vordergrund drängen, diese Themen auch aufgegriffen haben", sagt Prügl.

"Was ich zurzeit in unserer politischen Landschaft so beängstigend finde, ist eben diese Verbindung des Antifeminismus mit diesen autoritären Bewegungen, die es global gibt."
Elisabeth Prügl, Politikwissenschaftlerin

Rückschritte in Bezug auf die Gleichberechtigung habe es in der Geschichte immer wieder gegeben. Anfang der 90er-Jahre sei auch so ein Punkt gewesen, sagt Elisabeth Prügl. 1991 hat Susan Faludi das Buch "Backlash" geschrieben. "Da hatte sie identifiziert, wie in den Medien, in der öffentlichen Diskussion der Feminismus praktisch für alles Mögliche verantwortlich gemacht wurde für das, was für Frauen nicht gut war: Dass Frauen keine Partner finden, dass sie eine doppelte Schicht arbeiten müssen und so weiter. Das würde alles dem Feminismus zugrunde gelegt", erklärt die Politikwissenschaftlerin.

Coronapandemie und Care-Arbeit

Elisabeth Prügl sieht auch, dass die Coronapandemie sich nicht unbedingt positiv auf die Gleichberechtigung ausgewirkt hat. Aber vor allem habe die Pandemie auch wie eine Lupe gewirkt: "Beim Lockdown ist das sichtbar gemacht worden, was eigentlich essenzielle Arbeiten sind, die nötig sind, um das Überleben von Menschen und von der Gesellschaft zu sichern. Und unsere Wirtschaft ist ja so organisiert, dass diese Art von Arbeit eigentlich normalerweise nicht belohnt wird", so Elisabeth Prügl. Damit bezieht sie sich zum Beispiel auch auf Kranken- und Altenpflegerinnen.

"Der Fortschritt hat sich total verlangsamt. Wir sind wirklich in einer Phase jetzt, die sehr regressiv ist. Da kann man sich nicht ausruhen."
Elisabeth Prügl, Politikwissenschaftlerin

Der Kampf um Gleichberechtigung wird weitergehen – wahrscheinlich noch sehr lange. Das vermutet nicht nur die Politikwissenschaftlerin Elisabeth Prügl, sondern auch UN-Generalsekretär Antonio Guterres: "Vorgestern hat er eine Ansprache gemacht vor einem Treffen in New York. Und da sagte er, bei dem Fortschritt, den wir jetzt machen in Bezug auf Gleichstellung, dauert es sind noch 300 Jahre, bis wir zur Gleichheit kommen, das ist schon Wahnsinn."

Shownotes
Frauenrechte
"Wir sind zurzeit in einer Backlash-Phase der feministischen Bewegung"
vom 08. März 2023
Moderatorin: 
Jenni Gärtner
Gesprächspartnerin: 
Elisabeth Prügl, Professorin für Politik und internationale Beziehungen am Graduierteninstitut in Genf