Früh aufstehen, Termine und Deadlines. Das erste Mal richtig arbeiten hat nicht nur Auswirkungen auf den Kontostand, sondern auch auf unser Wesen.
Laura Höflinger ist Journalistin und kennt sich mit einem frühen Jobeinstieg ziemlich gut aus. Schon mit Anfang 20 hat sie begonnen in ihrem Beruf zu arbeiten. Damals war sie die jüngste Redakteurin beim Spiegel. Während ihre Freunde noch studierten, begann für Laura der neue Lebensabschnitt. "Die meisten meiner Freunde waren Akademiker, deswegen hat es ein bisschen länger gedauert, bis sie in den Beruf eingestiegen sind", erklärt sie uns im Gespräch.
Der Ernst des Lebens
Neben der Freude über den neuen Job brachte die Arbeit natürlich auch Verantwortung und Pflichten. Sich von einem auf den anderen Tag daran zu gewöhnen, war schon eine ziemliche Umstellung für Laura.
"Der Beruf war wie ein Fremdkörper in meinem Leben."
Dabei fühlte sich Laura mit den Aufgaben in ihrem Job nicht mal überfordert. "Ich fand meinen Job richtig richtig toll. Ich finde ihn auch bis heute toll. Sonst würde ich ihn nicht immer noch machen." Das "Dilemma", wie Laura es nennt, lag vielmehr in der vielleicht doch verpassten Zeit.
Fear of missing out
Ob Work and Travel in Neuseeland, ein Freiwilliges Soziales Jahr bei der heimischen Feuerwehr oder einfach jede Nacht mit den Freunden durch die Kieze schunkeln: Das alles fiel für Laura schlagartig weg. Im Gegenzug füllte sich ihr Kontostand.
"Plötzlich hatte man Geld. So viel, dass man dachte: 'Oh mein Gott, ich hab das ganze Geld der Welt' – das ist rückblickend natürlich Quatsch."
2014 hat Laura einen Artikel darüber veröffentlicht, wie sich unsere Persönlichkeit durch die erste Arbeitsstelle verändert. Menschen würden erwachsen werden, schrieb sie damals. Auch heute ist Laura noch der Überzeugung, dass man im Job eine neue Ernsthaftigkeit annimmt. "Es ist gut, dass ich emotional stabiler geworden bin."
Ihr unbeschwertes Ich, aus der Zeit vor dem Job, wünscht sich Laura dennoch hin und wieder zurück. "Ich glaube, ich war ein bisschen weniger ernst, ein bisschen flexibler und ich fürchte, auch ein bisschen witziger", sagt sie.
Mit Gewissenhaftigkeit in die nächste Runde
Wie und ob sich unser erster Beruf auf unsere Persönlichkeit auswirkt, weiß Jule Specht. Sie ist Psychologin, forscht zu dem Thema – und erkennt typische Veränderungen.
"Der Klassiker ist, dass die Menschen gewissenhafter werden, wenn sie in den Job eintreten."
Vor allem im mittleren Erwachsenenalter, tendieren wir dazu erstmals Lebenspläne zu entwerfen. Woran das liegt? "In vielen Berufen wird uns immer wieder vermittelt, dass es von Vorteil wäre, wenn wir zuverlässig und professionell agieren und uns gewissenhaft verhalten", meint Jule Specht.
Dabei verändert sich unsere Persönlichkeit zuerst da, wo uns diese Prinzipien antrainiert werden – also im Job. Jule Specht geht auch davon aus, dass die neue Gewissenhaftigkeit im Beruf später auf andere Lebensbereiche überschwappen kann. "Sodass man erst im Beruf die Veränderung erwartet und dann sehen würde, dass die Person auch zu Hause ordentlicher und zuverlässiger wird."
Aber besteht auch die Gefahr, dass wir uns durch den Berufseinstieg so stark verändern, dass wir uns von Freunden und Familie entfernen? Die Psychologin sagt, dass es deswegen durchaus Konflikte geben kann.
"Konflikte können dann auftreten, wenn sich eine Person verändert und die anderen drum herum sich nicht verändern. Oder wenn sich eine Person nicht verändert, obwohl sich alle anderen verändern."
Der Veränderung unserer Persönlichkeit durch den neuen Job sind wir aber nicht hilflos ausgeliefert. Jule Specht glaubt, dass wir unseren Beruf auch gerade aufgrund unserer bereits vorhandenen Persönlichkeit auswählen. Die kann sich dann mit dem Berufseinstieg stärken - dreht sich im Laufe unseres Lebens aber nicht um 180 Grad. Vielmehr ändern sich unserer Verhaltensmuster abhängig davon, welchen Menschen wir begegnen.
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