Viele Länder senken ihre Leitzinsen, um die Wirtschaft gegen die Corona-Auswirkungen zu stärken. Finanzexperte Gerhard Schick sagt: Andere Schritte wären sinnvoller.

Die britische Notenbank senkt den Leitzins, die US-amerikanische Notenbank ebenfalls, genauso die kanadische, türkische, malaysische und australische. Die Begründung: um die erwarteten negativen Auswirkungen auf die Wirtschaft durch das Corona-Virus abzufedern.

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat den Leitzins schon seit Längerem auf 0,0 Prozent festgesetzt. "Die EZB hat damit in Sachen Wirtschaftsförderung ihr Pulver verschossen", sagt Gerhard Schick vom Verein "Bürgerbewegung Finanzwende".

"Die Auswirkungen des Corona-Virus auf die Wirtschaft sind spezifisch. Also sollten auch die Maßnahmen spezifisch sein."
Gerhard Schick, Bürgerbewegung Finanzwende

Gerhard Schick hält extrem niedrige Leitzinsen aber sowieso für nicht die erste Wahl. Denn: Die Auswirkungen des Corona-Virus seien "spezifisch" - zum Beispiel sind manche Handelsströme unterbrochen und manchen Unternehmen fehlen wegen Quarantäne oder Krankheiten die Mitarbeiter. Und wenn die Produktion mangels Mitarbeitern stockt, dann könne man sie mittels eines Konjunkturprogramms auch nicht anschieben.

Finanzexperte Schick schlägt vor:

  • Vertrauen schaffen. Mario Draghi, der ehemalige EZB-Chef, hat das 2012 gemacht und gesagt: Wir werden alles tun, um den Euro zu stabilisieren. "Danach war Ruhe auf den Märkten", sagt Gerhard Schick.
  • Die EZB könnte gezielte, langfristige Finanzierungsangebote machen, die aktuell Kredite an Unternehmen ausgeben. Schick: "Genau das ist jetzt nötig, weil einige Unternehmen zurzeit keine Einnahmen haben, weil zum Beispiel Veranstaltungen und Urlaubsreisen abgesagt sind." Überbrückungskredite von den Banken könnte die EZB unterstützen.

Aus einem weiteren Grund ist Gerhard Schick kein Freund von extrem niedrigen Leitzinssätzen: Sie können nämlich einige Finanzdienstleister in Schwierigkeiten bringen – denn bei niedrigen Zinsen gehen die Erträge aus dem Zinsgeschäft zurück.

Mögliche Gefahr: Pleiten führen zu allgemeiner Wirtschaftskrise

Gerhard Schick sieht in den negativen Folgen für die Wirtschaft wegen des Corona-Virus eine geringere Gefahr als bei einer globalen Wirtschaftskrise. "Das Ende des Corona-Virus ist einigermaßen prognostizierbar", sagt er. Überbrückungsmaßnahmen seien deshalb das Wichtigste.

Eine gewisse Gefahr bestünde laut Schick darin, dass Finanzdienstleister und realwirtschaftliche Unternehmen pleitegehen könnten und sich das im weiteren Verlauf zu einer größeren Finanz- und Wirtschaftskrise ausweiten könnte.

Shownotes
Finanzexperte Gerhard Schick
Wirtschaftseinbruch wegen Corona: Vertrauen schaffen statt Gießkanne
vom 12. März 2020
Moderator: 
Till Haase
Gesprächspartner: 
Gerhard Schick, Verein "Bürgerbewegung Finanzwende"