Viele wollen New Work, aber nur wenige können es. New Work sei mehr als fancy klingende Arbeitstechniken, sagt Wirtschaftspsychologe Carsten Schermuly. Viel mehr gehe es um die Bedeutung und Sinnhaftigkeit von Arbeit.
Viele Unternehmen schmücken sich mit New Work und werfen doch nur mit fancy klingenden Begriffen oder Techniken um sich: VUKA-Welt, Holokratie, Scrum, Homeoffice. Dabei gehe es bei New Work eigentlich um etwas viel Wichtigeres, sagt Wirtschaftspsychologe Carsten Schermuly.
Empowerment als Keyword im Zusammenhang mit New Work
Carsten Schermuly ist Professor für Wirtschaftspsychologie an der SRH Berlin University of Applied Sciences. Aus seiner Sicht sind vier Faktoren entscheidend, um Empowerment und damit New Work wirklich umzusetzen: Bedeutsamkeit, Kompetenz, Selbstbestimmung und Einfluss.
"Ein wichtiges Ziel von New Work ist, dass Menschen psychologisches Empowerment erfahren."
Mit Bedeutsamkeit meint Carsten Schermuly, dass Menschen die Sinnhaftigkeit ihres Tuns erfahren. Er erinnert sich dabei an eine eigene Erfahrung: Als er während seiner Zeit bei der Bundeswehr einmal krank wurde, bekam er leichtere Aufgaben zu erledigen – dazu gehörte es auch, dreckige Reifen ordentlich zu säubern. Am Abend erfuhr er dann, dass diese Reifen ohnehin weggeworden werden sollten. "Das ist ein ganz klares Beispiel für Sinnlosigkeit", sagt der Wirtschaftspsychologe.
Selbstverantwortung und Selbstwirksamkeit als Grundlage
Kompetenz-Erfahrung ließe sich auch mit Selbstwirksamkeit umschreiben. "Manchmal sind Menschen vielleicht zu wenig stolz auf das, was sie am Tag erreicht haben", sagt der Wissenschaftler. Selbstbestimmung würde sich darüber hinaus zum Beispiel darin zeigen, dass man seine Arbeit selbst organisieren könne.
Dazu gehöre, selbst entscheiden zu können, wann man Dinge erledigt und welche Tools man dafür wählt. Auf diese Weise werde auch spürbar: Ich kann wirklich etwas verändern. Das sei der Gegenpol zur sogenannten erlernten Hilflosigkeit, bei der Menschen immer stärker das Gefühl haben, sowieso nichts verändern zu können. Im schlimmsten Fall ließen Menschen Arbeit dann einfach über sich ergehen.
"Viele Menschen haben ein Problem mit ihrer Work-Work-Balance."
All diese Faktoren seien notwendig, damit Menschen in Summe wirklich psychologisches Empowerment erleben würden. Wenn das nicht passiert, also wenn wir im Job nur Tätigkeiten erledigen, die uns keine Selbstwirksamkeit, keinen Einfluss und folglich eben kein Empowerment erleben lassen, dann stimmt die "Work-Work-Balnce" nicht, sagt Carsten Schermuly – und das gehe vielen so.
Wenn nun Unternehmen nur einzelne Techniken aus New Work einsetzten oder glaubten, dass schon Homeoffice-Möglichkeiten New Work darstellen, dann würden Menschen nach und nach gescheiterte Transformationsprozesse mit New Work assoziieren.
Es gibt aber zahlreiche gute Techniken aus dem Bereich von New Work, ist Carsten Schermuly überzeugt. Allerdings würden viele eher als Buzzwords und nicht zielgerichtet eingesetzt.
Das 1x1 der New-Work-Techniken auf einen Blick:
- VUKA-Welt: umschreibt eine Arbeitswelt, die volatil, unsicher, komplex und ambivalent ist
- Holokratie: bezeichnet eine Arbeitsstruktur mit flachen Hierarchien, die auf Transparenz und Teilhabe setzt
- Scrum: ist eine Technik im Projektmanagement, das Teams hilft, ihre Arbeitsschritte sinnvoll zu strukturieren und übersichtlich zu verwalten
Im Deep Talk spricht Wirtschaftspsychologe Carsten Schermuly mit Sven Preger über New Work, wie er es selbst lebt und wie eine gute Work-Work-Balance aussehen kann. Klickt auf Play, um das ganze Gespräch zu hören.
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