Wien ist bekannt für niedrige Mieten. Jetzt hat die Stadt die Regeln für Neubauten weiter verschärft - zugunsten geförderter Wohnfläche. Wie? Darüber haben wir mit unserer Korrespondentin gesprochen.
Bei künftigen Bauprojekten in Wien bleiben zwei Drittel der Fläche geförderten Wohnungen vorbehalten. Die am Donnerstag (22.11.2018) vom Wiener Landtag beschlossene Regelung sieht auch eine Nettohöchstmiete von fünf Euro pro Quadratmeter bei den geförderten Wohnungen vor. Das gilt ab einer Gesamtgröße des Wohnungsbauprojekts von 5000 Quadratmetern.
Auch die Grundstückspreise sollen gedeckelt werden. Darüber haben wir mit unserer Korrespondentin Andrea Beer gesprochen. Sie erinnert an die rund hundertjährige Tradition Wiens beim öffentlichen Wohnungsbau. Anders als viele Kommunen in Deutschland hat die Stadt ihren Besitz nicht privatisiert und investiert etwa eine halbe Milliarde Euro jährlich in den öffentlichen Wohnungsbau. Die Durchschnittsnettomiete in Wien lag 2017 bei 5,70 Euro pro Quadratmeter, sagt sie.
"Wien ist die größte Hausverwaltung Europas. 220.000 Wohnungen gehören direkt der Stadt, an weiteren etwa 200.000 ist sie beteiligt. Rund 600 Millionen Euro fließen jedes Jahr in den sozialen Wohnungsbau."
In Wien gibt es Mietwohnungen für unter zehn Euro pro Quadratmeter. Das geht aus dieser Mietstatistik hervor. Die Statistik von immopreise.at legt nahe, dass die Preise für Neuvermietungen bei etwa 13,- Euro pro Quadratmeter beginnen.
Ein einzigartiges Modell
Angebote für Gemeindewohnungen lassen sich jetzt (Stand November 2018) auch noch im Bereich von knapp sieben Euro pro Quadratmeter finden. Allerdings teilweise mit Ablösesummen im dreistelligen Eurobereich. Für Gemeindewohnungen ist ein Wohn-Ticket – manchmal auch Vormerkschein genannt – nötig.
"Das Modell Wien kann man nicht einfach auf Frankfurt, Berlin oder München übertragen. Hier gibt es die berühmten Gemeindebauten – für Menschen mit einem Jahreseinkommen bis 44.000 Euro."
Der Österreichische Haus- und Grundbesitzerbund kritisiert, damit werde die regen Bautätigkeit in Wien unterbunden. Viele Projekte würden sich nun nicht mehr rechnen, erklärte die Wirtschaftskammer.
Aktuell seien von der Neuregelung etwa 10.000 bis 15.000 geplante Wohnungen betroffen, die keine Baugenehmigung haben, aber in Vorbereitung seien. Bisher war bei Neubauprojekten jeweils die Hälfte der Fläche als sozialer Wohnungsbau auszuweisen.
Eine halbe Million geförderter Wohnungen
Das rot-grün regierte Wien wächst pro Jahr um etwa 30.000 Bürger und dürfte in wenigen Jahren wieder rund zwei Millionen Einwohner haben. Schon jetzt leben in der österreichischen Hauptstadt rund 500.000 Menschen in geförderten Wohnungen – bei 1,88 Millionen Einwohnern insgesamt (Stand Januar 2018).
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