"Bitte Spülmaschine einräumen!" oder "jeder macht seinen eigenen Dreck weg!" - solche und ähnliche Zettel kennen wir alle. Sie helfen nur meistens wenig, sagt Sozialpsychologe Roland Deutsch.
Kaffeetassen stapeln sich auf dem Geschirrspüler, im Spülbecken türmen sich Teller, und verantwortlich dafür, die Tassen in die Kantine zurückzubringen, fühlt sich auch kein Mensch. So sieht es manchmal auch bei uns aus, in der kleinen Küche von Deutschlandfunk Nova.
"Oh Mann, ist das nervig!" oder "immer muss ich am Ende alles wegräumen!" sind dann die Reaktionen von erbosten Kolleginnen und Kollegen, die sich der Sauberkeit und Ordnung verschrieben haben.
Ganz selten nur hat man das Glück und kommt einem Übeltäter auf die Schliche: "Da standen schon so viele Tassen rum... Und ich dachte halt: Naja, irgendjemand wird das schon wegräumen."
"Tatsächlich ist das kein Einzelfall, sondern es ist etwas, das in der Forschung als soziales Dilemma bezeichnet wird."
Genau. Irgendjemand wird es schon weg machen. Die einschlägigen Zettel: Sie bringen meistens gar nichts. Egal, wie nett oder drastisch sie formuliert sind.
Sozialpsychologe Roland Deutsch von der Julius-Maximilians-Universität in Würzburg sagt, in solchen Situationen wirken verschiedene Kräfte auf uns ein: Auf der einen Seite etwa gesellschaftliche Normen, die uns anleiten, wie wir eigentlich handeln sollten. Menschen die dafür sensibel sind, die orientieren sich viel stärker am Gemeinwohl. Gäbe es nur sie, würde die Büro-Küche sauber bleiben.
"Andere Menschen sind eher wettbewerbsorientiert oder eher egoistisch, haben sozusagen eine Neigung dazu, einen Persönlichkeitszug. Wenn man sich in dem Fall nicht an die Norm der Gruppen-Reinlichkeit hält, dann profitiert man kurzfristig, indem man ein bisschen weniger Arbeit hat."
Dann gibt es aber auch Menschen, bei denen überwiegen andere Kräfte, wie der Sozialpsychologe das nennt. Sie sind wettbewerbsorientierter und denken an ihren eigenen Vorteil. "Warum soll ich jetzt die Tassen wegräumen?" sagen sich solche Menschen vielleicht, "ich habe Wichtigeres zu tun."
Zugemüllte Küche begünstigt weiteren Müll
Bei dieser klassischen Küchen-Unordnungs-Situation spielt die sogenannte "Broken-Windows-Theorie" eine interessante Rolle: Laut ihr besteht ein Zusammenhang zwischen dem Verfall von Stadtgebieten und Kriminalität. So müssten zerbrochene Fensterscheiben schnell repariert werden, damit weitere Zerstörungen im Stadtteil und damit vermehrte Delinquenz verhindert werden kann.
"Wenn Sie in eine sehr reinliche Küche gehen, dann ist das ein Signal dafür, dass anscheinend hier die Reinlichkeitsnormen sehr stark eingehalten werden. Wohingegen: Wenn schon ein gewisses Ausmaß an Verschmutzung da ist, ist das ein Signal dafür, dass es die gesamte Gruppe nicht so genau damit nimmt."
Bezogen auf unsere Büro-Küche heißt das: Sobald einer anfängt, seine Tassen in der Spüle stehen zu lassen, finden sich schnell "Nachahmungstäter". Am besten sollte alles also immer sauber sein. Zettel sollen alle Küchennutzer und -nutzerinnen daran erinnern. So wie der Zettel, der in unserer Deutschlandfunk-Nova-Küche hängt: "Bitte hier kein Geschirr aus der Kantine sammeln, da das sonst dort fehlt. Am besten nach Benutzung wieder zurückbringen. Danke!"
Reden statt Zettel aufhängen
Sozialpsychologe Roland Deutsch glaubt aber nicht, dass die Zettelwirtschaft erfolgreich ist. Der Zettel sagt zwar: Hey, das Verhalten widerspricht der Norm! "Aber dass es überhaupt so weit gekommen ist, zeigt ja schon, dass Menschen in dieser Versuchungssituation dazu bereit sind, dem spontanen Impuls nachzugeben."
Roland Deutsch hat zwei andere Tipps, die helfen könnten:
- Kommunikation – das heißt, das Thema in einer größeren Runde ansprechen, ohne andere an den Pranger zu stellen. Oft sei gar nicht jedem klar, wie wichtig Sauberkeit in der Küche für andere ist.
- Regelmäßig zusammen sauber machen – "dann wären alle dabei. Die Angst, von den anderen ausgenutzt zu werden, wäre reduziert". Und der Schmutz wäre weg.
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