• Deutschlandfunk App
  • ARD Audiothek
  • Spotify
  • Apple Podcasts
  • Abonnieren

Das Reinheitsgebot des Bieres wurde 1516 von Herzog Wilhelm IV. von Bayern verfügt. Es gilt als das älteste Lebensmittelgesetz der Welt und schreibt vor, dass nur Wasser, Hopfen und Malz ins Bier dürfen. Was viele als Prädikat deutscher Qualität bezeichnen, ist für andere eine Zwangsjacke für Kreativität. Ein Streitgespräch.

In Ingolstadt feiert die Bundeskanzlerin heute 500 Jahre Reinheitsgebot. Es gibt Menschen, die sich mit Bier auskennen, die sagen: Nach 500 Jahren ist es vielleicht mal an der Zeit, das Reinheitsgebot etwas aufzuweichen. Von wegen nur Wasser, Hopfen und Malz - warum nicht auch mal Kräuter, Beeren und Aromen?

"Kräuter, Koriander, Salz, Pfeffer, Kaffee, Früchte. Wir sollten auf die natürlichen Ressourcen zurückgreifen dürfen."
Sebastian Sauer, Craft-Beer-Brauer und Gegner des Reinheitsgebots

Pro & Contra

Die Verfechter des Reinheitsgebots betrachten das als Frevel.

"'Koriander, Kräuter und Co.' ist ja nur die halbe Wahrheit. Da stellen die Gegner des Reinheitsgebotes nur die romantische Seite nach vorne."
Werner Gloßner, Hauptgeschäftsführer des Verbands privater Brauereien in Bayern und Befürworter des Reinheitsgebots

Wenn man die Regeln aufweiche, würden auch viele künstliche Inhaltsstoffe und Konservierungsmittel ins Bier gelangen, sagt Gloßner. Bei vielen belgischen Bieren etwa müsse man auch mal aufs Etikett schauen. Sie strotzten teilweise nur so von E-Nummern.

"Es gibt jenseits des Reinheitsgebots eine tolle Auswahl von Sorten, die keine schädlichen Stoffe enthalten."
Sebastian Sauer

Das Reinheitsgebot sage etwas über die Auswahl der Stoffe aus - aber nicht über die Qualität, ergänzt Sauer.

"Klar wird im Ausland mit den Inhaltsstoffen nicht alles richtig gemacht, aber das ist bei uns nicht besser."
Sebastian Sauer

Das Reinheitsgebot sei ein Vertrauensvorschuss, den der Verbraucher dem deutschen Bier gebe und den er auch sehr schätzt, sagt Werner Gloßner. Das sei ein wichtiger Grund, warum man das Reinheitsgebot beibehalten sollte.

Rein oder nicht rein, das ist hier die Frage

Sebastian Sauer ist skeptisch: Der Verbraucher sehe eben gerade nicht genau, was alles drin ist im Bier. Man könne nichts zu 100 Prozent rausfiltrieren. Bei der Wasseraufbereitung könne etwa Gips ins Wasser gelangen.

"Die Reinheit des Bieres ist eine romantische Vorstellung der Brauer, die sie gerne an den Verbraucher weitergeben."
Sebastian Sauer

Wenn wir sagen, das mit der Tradition ist uns jetzt plötzlich nicht mehr so wichtig, meint Werner Gloßner, dann sagt die EU: Das geht so gar nicht. Brüssel sähe dort ein Handelshindernis.

"So ein bisschen ändern geht nicht beim Reinheitsgebot. Entweder man macht es ganz oder gar nicht. Und damit es nicht aufweicht, bleibe ich lieber, wo ich bin."
Werner Gloßner

Hype um das Reinheitsgebot

Auch der Regensburger Volkskundler und Kulturwissenschaftler Gunther Hirschfelder misst dem gegenwärtigen "Hype um das Reinheitsgebot" eine große Bedeutung bei. Anders als 1516 gebe es heute auch keine Qualitätskrise bei Lebensmitteln, sondern eine Vertrauenskrise.

"Wir halten an dem Reinheitsgebot nur fest, weil wir uns so sehr wünschen, dass in Zeiten wie diesen irgendwas Bestand hat."
Gunther Hirschfelder, Kulturwissenschaftler aus Regensburg
Shownotes
500 Jahre deutsches Reinheitsgebot
Was soll rein in unser Bier?
vom 22. April 2016
Moderation: 
Marlis Schaum
Gesprächspartner: 
Sebastian Sauer, Craft Beer Brauer und Gegner des Reinheitsgebots und Werner Gloßner, Hauptgeschäftsführer des Verbands privater Brauereien in Bayern und Befürworter des Reinheitsgebots