Als in den 1960er Jahren radioaktiver Müll im alten Salzbergwerk Asse II eingelagert wird, sind sich die Experten sicher: Prima Idee, Strahlenmüll-Problem gelöst! Jahrzehnte später ist klar: Sie lagen falsch. In das vermeintlich sichere Endlager dringt Wasser ein. Ingenieure, Bergleute und Geologen versuchen zu klären, wie man den Atommüll bergen kann.
126.000 Fässer voll mit radioaktivem Müll lagern in dem stillgelegten Salzbergwerk, berichtet unser Korrespondent Axel Schröder, der die Asse II für uns besucht hat. Ausgerüstet mit Bergmannskluft, Sicherheitsschuhen, Bauhelm und Strahlenmessgerät rauscht er im Förderkorb runter auf 490 Meter Tiefe.
126.000 Fässer Strahlenmüll müssen in Asse II geborgen werden
Hinter einem Gittertor stehen zwei riesige Stahlbecken, die mit einer Plane abgedeckt sind. Mehr als 12.000 Liter Salzlauge fallen hier täglich an, erfährt Axel bei seinem Rundgang. Die Menge wird täglich gemessen, das Wasser nach oben gepumpt und auf Belastung getestet. Wenn es nicht kontaminiert ist, wird es außerhalb des Bergwerks entsorgt.
Wasser ist radioaktiv verseucht
Problematischer ist das Wasser, das noch einmal 100 Meter tiefer anfällt, denn das hat direkten Kontakt mit den radioaktiven Abfällen. Damit wird zum Beispiel Beton angerührt, erklärt ihm Manuel Wilsmann von der Infostelle Asse II der Bundesgesellschaft für Endlagerung, die Betreiber der Anlage ist. So würden die radioaktiven Stoffe gebunden werden, ihre Strahlung könne langsam abklingen.
"Wir haben Bilder aus der Kammer, wo wir unter anderem ein gelbes Metallfass sehen, das zwischen einem Betonfass und einer Kammerwand zusammengequetscht wurde, also über den gebirgsmechanischen Druck total zerstört wurde."
Wasser ist aber nicht das Einzige, was den Experten Sorgen macht. Durch ein Probebohrloch an einer der Aufbewahrungskammern haben sie Fotos vom Innenraum machen können. Daher wissen sie, dass die Fässer durch Erdbewegungen auch zerquetscht werden und auch die Betonabschirmungen dadurch beschädigt werden.
Bergung der Atommüllfässer dauert Jahrzehnte
Wie diese zum Teil zerstörten Fässer geborgen werden können, ist bislang noch nicht klar. Fest steht nur, dass Menschen die Kammern nicht betreten sollten. Der Plan derzeit: mit Maschinen in die Kammern gehen – Baggern etwa, die auf drei Beinen stehen und Kransystemen an den Kammerdecken. Die Bergung sei ein weltweit einzigartiges Pilotprojekt, das auf zwei bis drei Jahrzehnte angelegt ist, erzählt Manuel Wilsmann unserem Korrespondenten.
"Wenn wir höhere Wassermengen haben, die eintreten, schaffen wir es gegebenenfalls nicht."
Aber es ist ein Wettlauf gegen die Zeit: Die entscheidende Frage ist, ob das schon an vielen Stellen instabile Bergwerk standfest bleibt und ob noch mehr Wasser eindringt. Dann müssten die Arbeiten eingestellt und die Stollen kontrolliert geflutet werden. Das Grundwasser rings um Asse II könnte radioaktiv verseucht werden. Das wäre der Worst Case, den Bergleute, Geologen und Ingenieure unbedingt verhindern wollen.
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