Flugticket gebucht, Klima geschädigt: Wenn wir reisen, reist das schlechte Gewissen oft mit. Umweltbewusste Verbraucher gleichen ihre CO2-Bilanz aus, indem sie ihren Flug kompensieren. Aber woher weiß man, ob das Geld wirklich bei den Projekten ankommt, die wir unterstützen wollen?

Klimafreundliche Öfen in Ruanda, Windkraftanlagen in Taiwan und Kleinwasserkraftwerke in Honduras. Wenn wir über Kompensationsanbieter wie Atmosfair, Klima-Kollekte, Primaklima und Myclimate das CO2, das wir durch unseren Flug erzeugt haben, ausgleichen wollen, werden durch unser Geld Umweltprojekte auf der ganzen Welt unterstützt.

In Deutschland kommt das gut an: Immer mehr Verbraucher zahlen freiwillig für ihre CO2-Kompensation. Laut Myclimate haben im ersten Quartal 2019 Privatpersonen 220 Prozent mehr kompensiert als im Vorjahr. Im April stiegen die Kompensationen weiter an – auf 440 Prozent.

Kontrollen sind schwierig

Während die Kompensationen also wachsen, ist die Kontrolle der Kompensierer schwierig. Stefan Fischer von der Stiftung Warentest hat sich für einen Vergleich der Kompensationsagenturen viele Anbieter angeschaut und weiß: Eine Kontrollbehörde gibt es nicht.

Auf dem sogenannten freiwilligen Markt, auf dem die Kompensationsanbieter ihre Projekte anbieten, kann theoretisch jeder ein Kilmaschutzprojekt stemmen und sich von einer Zertifizierungsstelle verifizieren lassen. Unabhängige Institutionen prüfen dabei Nutzen und Qualität der Projekte und verifizieren sie. Das Problem: Die Kriterien bestimmen die Zertifizierungsfirmen selbst.

"Die Anbieter haben auch unterschiedliche Kriterien, die sie für wichtig erachten. Da haben alle eine leicht unterschiedliche Agenda. Da wäre es schon gut, einen allgemeinen Standard zu haben, wenn es da eine Normung gäbe seitens des Gesetzgebers."
Stefan Fischer, Stiftung Warentest

Kriterien, nachdem Projekte beurteilt werden, gibt es hingegen viele. Faktoren, die berücksichtigt werden sind unter anderem eine transparente Rechnungslegung, die zeigen muss, dass eine externe Buchprüfung vorliegt oder die Darlegung, dass durch die Projekte tatsächlich CO2 eingespart wird.

Es ist kompliziert

Für die Stiftung Warentest ist bei der Beurteilung wichtig, dass Agenturen die Gelder der Klimakompensationen an Projekte weitergeben, deren Wirkung bereits erzielt worden ist, wie beispielsweise mit der Verteilung und Inbetriebnahme von energieeffizienten Öfen. Aufforstungsprojekte stehen dagegen in der Kritik, sagt Stefan Fischer. Denn wird Wald gepflanzt, muss das CO2 erst noch über Jahre einbezogen werden.

"Denn wenn so ein Projekt doch nicht funktioniert, hätten Sie das Zertifikat schon gekauft und gedacht, Sie hätten kompensiert. Möglicherweise hat aber die Kompensation nicht stattgefunden, weil sie eben in der Zukunft liegt."
Stefan Fischer, Stiftung Warentest

Herauszufinden, welche Projekte unterstützenswert sind, ist kompliziert. Am Ende sollte man selbst recherchieren, Orientierungshilfen gibt es aber trotzdem: Die Stiftung Warentest hat Anbieter getestet und beurteilt – und Atmosfair, Klima-Kollekte, Primaklima mit "sehr gut" bewertet. Standards wie der "Gold Standard", "VER Standard" und "CarbonFix Standard", "CCB Standard" und "Verified Carbon Standard" gelten als ebenfalls als hoch und garantieren, dass Projekte tatsächlich wirksam den Klimaschutz unterstützen.

Ihr habt Anregungen, Wünsche, Themenideen? Dann schreibt uns an Info@deutschlandfunknova.de

Shownotes
Emissionsausgleich
CO2-Kompensation - gut fürs Gewissen, fürs Klima nicht immer
vom 25. Oktober 2019
Moderatorin: 
Sonja Meschkat
Gesprächspartner: 
Pascal Fischer, Deutschlandfunk-Nova-Reporter