Der Lockdown hält an und viele Selbstständige und Unternehmen kämpfen um ihre Existenz. Die versprochenen Corona-Hilfen kommen weiter nur zäh bei ihnen an, obwohl es von Expertinnen und Experten Vorschläge gibt, wie es schneller gehen könnte.

Mit den sogenannten Überbrückungshilfen sollte der Gastronomie, Geschäften und Selbstständigen vor allem schnell und unbürokratisch finanziell geholfen werden. Sie sind wegen der Maßnahmen gegen die Coronavirus-Pandemie unter Druck geraten, mussten ihre Betriebe schließen oder hatten kaum noch Aufträge. Unbürokratisch sollten die Gelder zügig ausgezahlt werden.

Fokus liegt zu stark auf Sicherheit

Als die ersten Betrugsfällen bei der ab April gezahlten Soforthilfen bekannt wurden, geriet die Zahlung ins Stocken. Denn die Behörden haben danach stark auf die Sicherheit geachtet, wodurch die Hilfen bürokratisch und langsam wurden, meint Hubertus Bardt, Volkswirt am Institut der deutschen Wirtschaft. Für viele Selbstständige war und ist diese Entwicklung existenzbedrohend.

Die meisten Überbrückungsgelder müssen über eine Steuerberaterin oder einen Wirtschaftsprüfer beantragt werden. Steuerberater und -beraterinnen sind deshalb völlig überlastet. Auch weil sich die Regelungen ständig ändern.

Komplizierte Antragstellung

Die Anträge sind kompliziert aufgebaut, sagt Wirtschaftsjournalistin Katja Scherer. Die Steuerberater und Wirtschaftsprüferinnen müssen etwa durchrechnen, welches Finanzierungsprogramm sich für welches Unternehmen eignet. Teilweise seien die Programme auch so vage formuliert, dass die Steuerberater nicht wüssten, was gemeint ist.

"Vereinfacht gesagt hat die Regierung im zweiten Lockdown noch mal stärker versucht, Betrug zu vermeiden, dabei aber vieles kompliziert gemacht."
Katja Scherer, Wirtschaftsjournalistin

Ist der Antrag dann endlich durch, kommt das Geld trotzdem nur schleppend an, weil in zwei Raten ausgezahlt wird: Eine Hälfte direkt nach der Prüfung und die andere, nachdem die Anträge mit den Daten beim Finanzamt abgeglichen wurden. Der Datenabgleich findet aber nicht automatisiert statt, wodurch die Auszahlung zusätzlich verlangsamt wird, sagt die Bundessteuerberaterkammer.

Lösungsvorschläge sind da

Damit die Unternehmen und Selbstständigen möglichst schnell an die Hilfen kommen, haben einige Verbände und Experten schon zu Beginn der Pandemie gefordert, die Hilfen über die Finanzämter abzuwickeln. Denn dort liegen alle Daten zum Beispiel über die Einkommenssteuererklärung vor. Die Hilfen wären damit wahrscheinlich schneller und auch sicherer an die Selbstständigen ausgezahlt worden, so die Wirtschaftsjournalistin.

"Viele Verbände und Volkswirte haben von Anfang gesagt, dass die Regierung die Hilfen über die Finanzämter hätte auszahlen sollen."
Katja Scherer, Wirtschaftsjournalistin

Hubertus Bardt schlägt vor, Unternehmen bei den Steuern zu entlasten: "Wenn ich in diesem Jahr coronabedingt einen großen Verlust habe und ich den mit Gewinnen aus den Vorjahren verrechnen kann, dann werden mir Steuern zurückerstattet, die ich schon bezahlt habe."

Tatsächlich hat sich das zumindest bei den Soloselbstständigen verändert: Sie können das neuste Hilfsprogramm der Bundesregierung, die Neustarthilfe, zum ersten Mal über das Steuerportal "Elster" beantragen. Laut dem Verband der Gründer und Selbstständigen (VGSD) funktioniere das bislang auch gut.

Die Verantwortung hin- und herschieben

Bundeswirtschaftsministerium und Bundesfinanzministerium schieben sich jeweils die Verantwortung für die Misere hin und her. Beim Bundeswirtschaftsministerium heißt es, der Vorschlag der Steuerentlastung sei bei den Finanzministerien auf Ablehnung gestoßen. Und das Bundesfinanzministerium habe sich anfangs sogar dagegen gewehrt, zumindest die Daten bei allen Anträgen mit den Finanzämtern
abzugleichen.

Das Bundesfinanzministerium wiederum sagt, Bund und Länder hätten gemeinsam entschieden, die Hilfen über die Landesförderbanken auszuzahlen, weil Förderung von Unternehmen sonst auch Ländersache sei.

Shownotes
Selbstständige und Unternehmen
Warum die Corona-Hilfen nur langsam fließen
vom 31. März 2021
Moderatorin: 
Tina Howard
Gesprächspartnerin: 
Katja Scherer, Wirtschaftsjournalistin