Viele von uns freuen sich auf die Zeit nach der Corona-Krise. Andere sind skeptisch, wie es überhaupt weitergehen wird. Dabei hilft uns gerade jetzt die Vorfreude am besten, um aus dem Corona-Tief herauszukommen. Und das können wir auch bewusst einsetzen.

Endlich mal wieder Freunde treffen oder in einen Club gehen! Oder mit Freunden ins Kino gehen! Darauf freuen sich viele von uns. Andere sind dagegen noch skeptisch, weil sie nicht wissen, was passiert, wenn die Corona-Lockerungen in Kraft treten. Da bleibt die Vorfreude erstmal aus.

Dabei ist es gerade jetzt sehr wichtig, dass wir Vorfreude empfinden, sagt die Glücks- und Motivationsforscherin Michaela Brohm-Badry von der Universität Trier. Denn: Vorfreude kann wirklich glücklich machen, erklärt sie.

Durch Vorfreude entsteht Hoffnung

Wenn wir Vorfreude empfinden, schwingt dabei immer auch das Gefühl der Hoffnung mit, dass es zukünftig schöner sein wird, erklärt Michaela Brohm-Badry. Hoffnung sei eines der wertvollsten Gefühle, die wir Menschen empfinden können, das zeigten auch viele Untersuchungen.

"Wir sollten uns jetzt schon vorfreuen, weil die Freude eben diese Hoffnung hochhält. Die Hoffnung, dass es zukünftig schön ist. Und Hoffnung ist eins der wertvollsten Gefühle."
Michaela Brohm-Badry, Glücks- und Motivationsforscherin

Kranke Menschen könne das starke Gefühl der Hoffnung beispielsweise heilen, sterbende Menschen könnten durch das Gefühl der Hoffnung besser loslassen, so die Psychologin. Die Hoffnung gebe uns also Kraft. Eine Studie aus Bonn habe gezeigt, dass Hoffnung auch Stress lindern und Depressionen abmildern kann.

Die Vorfreude trickst unseren Körper aus

Deshalb sind Menschen, die im Jahr vier oder fünf Kurzurlaube machen, nachweislich glücklicher als diejenigen von uns, die nur ein bis zwei größere Reisen im Jahr unternehmen, sagt die Glücksforscherin. Also: Je öfter wir uns auf etwas freuen können, desto besser.

Denn wenn wir uns auf einen Moment aus der Zukunft so richtig freuen, dann trickst unser Gehirn unseren Körper aus, erklärt Michaela Brohm-Badry: Mit Vorfreude ziehen wir die Glücksgefühle aus der Zukunft quasi in die Gegenwart und erlangen dadurch eine Ausschüttung von Endorphinen, ähnlich eines körpereignen Opiums. So erreichen wir ein Glücksgefühl, dass wir so normalerweise nur im Moment des Erlebens spüren, erklärt sie weiter.

"Wir haben diese Glücksgefühle in die Gegenwart gezogen und haben dadurch Endorphin-Ausschüttungen – also so etwas wie ein körpereigenes Opium sozusagen. Die haben wir sonst nur bei der Gegenwart von Freude."
Michaela Brohm-Badry, Glücks- und Motivationsforscherin

Wir produzieren mit der Vorfreude auf Ereignisse sogar mehr körpereigenenes Opium als durch die Vorfreude auf materielle Dinge, wie der US-Psychologe Amit Kumar in einer Studie herausgefunden hat.

Wir können unsere Emotionen zur Hälfte steuern

Leider können nicht alle von uns gleich viel Vorfreude empfinden. Motivationsforscherin Michaela Brohm-Badry erklärt, dass circa die Hälfte der Emotionen genetisch festgeschrieben sind, die andere Hälfte durch unsere eigenen Entscheidungen und Erfahrungen im Leben geprägt sind.

"Alle Studien deuten darauf hin, dass Emotionen ungefähr zur Hälfte genetisch festgeschrieben und die andere Hälfte durch unsere eigenen Entscheidungen und durch unser eigenes Leben geprägt werden."
Michaela Brohm-Badry, Glücks- und Motivationsforscherin

Verstärken könnten wir unsere Vorfreude zum Beispiel, indem wir zukünftige Erlebnisse mental vorwegnehmen. Dabei sollten wir uns so detailreich wie möglich vorstellen, wie beispielsweise ein Kinoabend mit Freunden ablaufen könnte. Was riechen wir, was hören und sehen wir, was fühlen wir dabei?

Wenn das mit der Vorfreude nicht so gut alleine klappen sollte und uns die Corona-Krise immer noch runterzieht, dann hilft es vor allem, sich mit positiven und motivierenden Menschen zu umgeben, ob per Videocall oder auf 1,5 Meter Abstand im Park – egal, wo: Emotionen sind immer ansteckend.

Shownotes
Freuen auf die Zeit nach der Corona-Krise
Vorfreude ist tatsächlich die schönste Freude
vom 01. Juni 2020
Moderator: 
Paulus Müller
Autor: 
Henri Sarafov, Deutschlandfunk Nova