An den meisten Unis in Deutschland ist inzwischen klar: Das Sommersemester bleibt eine reine digitale Veranstaltung, für das Wintersemester könnte es ähnlich aussehen. Studierende, die jetzt ein Auslandssemester geplant haben, könnten das auch einfach von Deutschland aus machen. Wir haben uns diese Option genauer angeschaut.
Tom studiert Grundschullehramt in Regensburg, im Hauptfach hat er Geschichte. Wie viele andere Studierende wollte, er das kommende Wintersemester im Ausland verbringen. In Griechenland. "Ich finde besonders das alte Griechenland super interessant. Und dann dachte ich: Guck ich mir das doch einfach mal vor Ort an", sagt er. Aber Corona macht ihm jetzt einen Strich durch die Rechnung.
In vielen Fällen haben Unis die geplanten Auslandssemester bereits abgesagt. Tom hat von sich aus darauf verzichtet. Er sieht nicht wirklich einen Sinn darin, nach Athen zu gehen, wenn er weder ausgehen, noch andere Studierende treffen kann.
"Ich muss nicht nach Athen gehen, um zwischen meiner Wohnung und der Uni hin- und herzupendeln."
Und selbst für dieses Programm kann ihm niemand eine Garantie geben. Deswegen hat die Uni Athen Tom einen Ausgleich angeboten: ein virtuelles Auslandssemester – mit Videokonferenzen statt Hörsaal. Natürlich ist es nicht das, was er sich vorgestellt hatte.
"Der Sinn eines Auslandssemesters ist für mich vor Ort zu sein und die Menschen zu treffen und das Leben dort kennenzulernen. Das Studium macht vielleicht so 30 Prozent aus."
Wer im Ausland studiert, will die Sprache lernen, will Athen oder Sydney oder Kapstadt nicht nur als Tourist aus dem Hop-on-Hop-off-Sightseeing-Bus kennen lernen, sondern dort wohnen, neue Leute treffen und die Kultur kennenlernen – Nachtleben inklusive.
Digitales Auslandssemester – schon vor Corona
Dennoch gab es bereits lange vor Corona die Möglichkeit, virtuell im Ausland zu studieren. Ingrid Thaler von der Fernuni Hagen sagt, dass das in manchen Bereichen durchaus Sinn macht, etwa wenn es um globale Verflechtungen in der Wirtschaft oder um den Klimawandel geht.
"Ich denke, bestimmte Themen kann man nur international abhalten, die sind einfach zu groß. Das fängt beim Klimawandel an, oder bei den globalen Verflechtungen in der Wirtschaft, diese Themen kann man nur mit Partnern international behandeln."
Wer so einen Kurs über die Fernuni Hagen besucht, bleibt also Zuhause wohnen und klinkt sich online in die Lehrveranstaltung irgendwo in England, in den USA oder woanders auf der Welt ein.
Ingrid Thaler sagt, dass sich manche Menschen einen Auslandsaufenthalt schlicht nicht leisten können, auch nicht mit Auslands-Bafög. Andere leben in einer familiären Situation, die es ihnen unmöglich macht, für Monate ins Ausland zu gehen und wiederum andere trauen sich so ein Auslandssemester einfach nicht zu.
"Ein Auslandsaufenthalt erfordert ja auch Mut, würde ich sagen. Und dafür ist das doch ein toller Einstieg und ein kleines Reinschnuppern."
Und dann gibt es auch Studierende, die schon ihren Master machen und ganz klar aus akademischem Interesse an einer Uni im Ausland studieren wollen. Die zum Beispiel sagen: Ich würde wahnsinnig gerne bei einem ganz bestimmten Volkswirtschaftler in London studieren oder bei einer bekannten Bio-Professorin in den USA. In vielen Fällen ist sowas inzwischen möglich.
Studierende wollen mehr als Kurse im Ausland
Susanne Maraizu koordiniert die Auslandsaufenthalte an der Uni Bonn. Sie sagt: "Alle Universitäten bieten inzwischen digitale Lehre an, haben komplette digitale Semester. Allerdings ist die Tendenz bei den Studierenden doch eher zu sagen: Wenn ich nicht hinreisen kann, dann verschiebe ich mein Semester."
Das virtuelle Studium wird also eher nicht der Ersatz für das Auslandssemester, wie wir es bisher kennen. Aber als Ergänzung für ganz bestimmte Zielgruppen kann es Vorteile bringen. Vielen Studierenden geht es eben – genau wie Tom – nicht nur um die Inhalte der Seminare, sondern auch um das ganze Leben drumherum. Und deswegen hat Tom sich schon vorgenommen: Wenn alles vorbei ist, dann will er es nochmal in Athen versuchen.
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